Mit dem Vergeben ist das so eine Sache.
Wenn der andere sich aufrichtig entschuldigt, können wir ihm verzeihen.
Vielleicht.
Wenn wir genug Zeit hatten, darüber nachzudenken und in uns hineinzufühlen, ob wir überhaupt an dem Punkt sind, verzeihen zu wollen. Verzeihen zu können.
Vielleicht reicht uns eine Entschuldigung auch nicht.
Vielleicht muss der andere erst Buße tun und Taten sprechen lassen, uns vielleicht über einen langen Zeitraum beweisen, dass er es mit der Entschuldigung wirklich ernst meint. Dass er sich in uns hineinfühlen konnte, sich seiner Schuld bewusst ist und nun alles daransetzt, Wiedergutmachung zu leisten.
Vielleicht muss er sich auch mehrmals oder unter Zeugen, einer gewissen Öffentlichkeit entschuldigen, damit es noch mehr Gewicht hat.
Lebensfragen
Gedanken über Gott und die Welt. Manchmal noch darüber hinaus. Sinn des Lebens und wie wir Weisheiten von erleuchteten Mönchen aus Fernost in unseren Alltag einbauen können.
Auch mit Kleinkind an der Hand.
Leben im Hier und Jetzt
Die Schaukel schwingt höher und höher an einem dieser ersten Herbsttage, an denen die Luft schon so klar und dünn ist, dass man unweigerlich zu wärmeren Mänteln und Schuhen, die bis über die Knöchel ragen, greift. In der Nacht hatte sich so viel Kondenswasser an den Rutsch- und Klettergeräten gebildet, dass die meisten von ihnen zum Spielen uninteressant sind, aber die Schaukel bedarf nur einer kleinen Wischbewegung mit der Hand und schon ist sie einsatzbereit. „Mama, schaukelst du zusammen mit mir? Du sitzt unten und ich auf deinem Schoß?“ Ein Lächeln umspielt meine Lippen und schon steuere ich bereitwillig auf meinen Sohn zu, um seinen Wunsch zu erfüllen. Früher hätte ich geseufzt, und jeder Schritt in Richtung meines Kindes wäre von innerem Widerstand ausgebremst worden. Wenn ich überhaupt Ja gesagt hätte, dann nur aus Pflichtgefühl meiner Mutterrolle gegenüber. Aber heute, an diesem frischen Herbsttag, kribbelt es voller Vorfreude in mir und ich spüre eine Woge von Dankbarkeit, dass das Leben mir diesen kostbaren Augenblick schenken möchte, den ich in all meinen Jahren als Mutter nicht als solchen wahrnehmen konnte. Denn mein Jüngster, der mich da zu dem gemeinsamen Höhenflug einlädt, ist nicht mehr drei oder fünf, sondern ein Junge von zehn Jahren, der Spielplätze inzwischen eigentlich für öde hält.
Elf Jahre Leben mit Regretting Motherhood: „Es wird wohl immer ein Teil von mir bleiben.“
Die Weite, die hier oben herrscht, ist selbst von meinem Wohnzimmer aus spürbar. Als würde der Deich direkt hinter dem letzten Haus beginnen, das ich vom Sofa aus sehen kann. Das stimmt natürlich nicht; bis zum Meer sind es von unserer Siedlung aus noch fünfundzwanzig Autominuten. Aber der weite Himmel und das flache Land sorgen dafür, dass ich, jedes Mal, wenn ich aus dem Fenster blicke, mich nur bereitwillig dieser Täuschung hingebe. Genauso, wie ich mir sage, dass ich, nun, da ich bereits die anstrengendere Hälfte der Zeit bis zur Volljährigkeit meiner Kinder hinter mich gebracht habe, von jeglichen Gedanken rund um Regretting Motherhood befreit bin. Auch eine Illusion.
Mitgefühl für meine Kinder durch Gottes Hilfe
Es war dieser Moment, in dem mein Zehnjähriger laut ankündigte, er müsse mal eben seinen Rucksack mit in sein Zimmer nehmen, der mich stutzig machte. Wir waren gerade zur Tür herein, nachdem wir die Kinder aus der Sommerferienbetreuung abgeholt hatten und normalerweise liefen die Jungs ohne Ankündigung und ohne Rucksack in ihre Zimmer. Wenn sie etwas Gebasteltes mitgebracht hatten, wurde es vor unseren Augen ausgepackt, damit wir es unter großem „Aahhh“ und „Oohhh“ bestaunen konnten.
Aber diesmal schnappte sich der Große den Beutel und rannte regelrecht die Treppe hinauf. Mein Instinkt, dass da etwas faul war, trog mich nicht: Mein Kind hatte heimlich etwas aus der Legokiste der Betreuung mitgehen lassen. Und sofort packte mich die ohnmächtige Wut: Mein Kind klaut. Wo soll das noch hinführen?
Trotz Hadern mit der Mutterrolle ein weiteres Kind: Ja oder nein?
„Eigentlich würde ich ja so gerne noch ein Kind bekommen, aber wäre das die richtige Entscheidung, wo ich ja schon mit einem überfordert bin?“ Als Außenstehender muss diese Frage ziemlich paradox klingen und gleichzeitig ebenso leicht zu beantworten sein. Noch ein Kind, wenn man schon mit der jetzigen Situation am Rande seiner Kräfte ist? Rational und logisch betrachtet sollte die Fragestellende es natürlich bei Einem belassen. Aber Gefühle sind weder rational noch logisch und nicht mal Mütter, die mit ihrer Mutterrolle hadern, werden von einem weiteren Kinderwunsch verschont.