Lebensfragen

Elf Jahre Leben mit Regretting Motherhood: „Es wird wohl immer ein Teil von mir bleiben.“

Die Weite, die hier oben herrscht, ist selbst von meinem Wohnzimmer aus spürbar. Als würde der Deich direkt hinter dem letzten Haus beginnen, das ich vom Sofa aus sehen kann. Das stimmt natürlich nicht; bis zum Meer sind es von unserer Siedlung aus noch fünfundzwanzig Autominuten. Aber der weite Himmel und das flache Land sorgen dafür, dass ich, jedes Mal, wenn ich aus dem Fenster blicke, mich nur bereitwillig dieser Täuschung hingebe. Genauso, wie ich mir sage, dass ich, nun, da ich bereits die anstrengendere Hälfte der Zeit bis zur Volljährigkeit meiner Kinder hinter mich gebracht habe, von jeglichen Gedanken rund um Regretting Motherhood befreit bin. Auch eine Illusion.

Mama-Momente

Zum 10. Geburtstag meines Sohnes: Was sich seit unserem tragischen Beziehungsstart verändert hat

Es war ein typisch nasskalter Februartag, zumindest in meiner Erinnerung. Der Mann war gerade zur Arbeit gefahren; nichts kündigte an diesem frühen Morgen eine bevorstehende Niederkunft an, außer der errechnete Geburtstermin in meinem Mutterschaftspass. Heute sollte er auf die Welt kommen, mein geliebter Sohn, unser erstes und gewünschtes Kind. Nach Aufstehen war mir nicht zumute, also blieb ich im Bett liegen. Am Vormittag rief ich meine Mutter an, ob das Ziehen im Bauch, was in unregelmäßigen Abständen, aber doch mit deutlichem Wiedererkennungswert, auftrat, tatsächlich Wehen sein könnten.

Kann man noch mit seiner Mutter telefonieren, wenn man in den Wehen liegt? War es nicht eher ein eindeutiges Zeichen für Wehen, wenn man völlig von Sinnen war, keinen klaren Kopf mehr behalten konnte und langsam vor Schmerzen verrückt wurde? So zumindest sah mein Bild einer Frau aus, die nur Stunden vor der Entbindung steht. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass sich meine Vorstellungen vom Muttersein nicht mit der Realität deckten. Um kurz vor achtzehn Uhr desselben Abends erblickte unser Maxi das Licht der Welt – und ich meinen persönlichen Abgrund namens Muttersein.

Gesellschaft

Schon wieder eine Pause? Warum Mütter mit Entwicklungstrauma kein schlechtes Gewissen haben müssen, wenn sie ständig Auszeiten benötigen

Die Idee für dieses Time-Out wuchs in mir heran, als meine Gedanken mal wieder Karussell fuhren. Wild und chaotisch, so nahm ich sie wahr. Vor allem geprägt von negativen Glaubenssätzen („Es wird ja eh nie besser“), durchtränkt von irrationalen Vorhaben („Morgen google ich ernsthaft nach einem Internat für die Jungs oder alternativ nach einer Zwei-Zimmer-Wohnung für mich“). Meinem Körper ging es nicht besser. Der Puls oben, der Zeiger meines imaginären Stressbarometers weit am Anschlag, es fühlte sich an wie kurz vorm Burnout.

Lebensfragen

Trotz Hadern mit der Mutterrolle ein weiteres Kind: Ja oder nein?

„Eigentlich würde ich ja so gerne noch ein Kind bekommen, aber wäre das die richtige Entscheidung, wo ich ja schon mit einem überfordert bin?“ Als Außenstehender muss diese Frage ziemlich paradox klingen und gleichzeitig ebenso leicht zu beantworten sein. Noch ein Kind, wenn man schon mit der jetzigen Situation am Rande seiner Kräfte ist? Rational und logisch betrachtet sollte die Fragestellende es natürlich bei Einem belassen. Aber Gefühle sind weder rational noch logisch und nicht mal Mütter, die mit ihrer Mutterrolle hadern, werden von einem weiteren Kinderwunsch verschont.

Lebensfragen

Heilt die Zeit wirklich alle Wunden?

„Die Zeit heilt alle Wunden“, mit diesen Worten rief einst der französische Philosoph Voltaire sein vielleicht berühmtestes Zitat ins Leben, das von Generation zu Generation so gerne weitergegeben wird – als Trost in schweren Stunden, wenn das Leben einem mehr Zitronen gibt, als man zu Limonade verarbeiten kann.
Aber stimmt seine Aussage tatsächlich? Kann die Zeit wirklich alle Wunden heilen? Oder wenigstens die eine oder andere? Denn spätestens mit dem Mutterwerden kann man die Worte Voltaires nicht mehr einfach so hinnehmen, ohne sie zu hinterfragen; das habe ich bereits kurz nach der Geburt meines Ältesten gemerkt.