Wir hatten Glück. Das Eiscafé war an diesem Frühlingsnachmittag zwar gut besucht, allerdings wollten die Meisten bei dem sonnigen Wetter lieber draußen sitzen. Genauso wie ich es mir erhofft hatte. Grundsätzlich genieße ich eher drinnen auf gemütlichen Bänken die stilvolle Inneneinrichtung eines Cafés oder Restaurants, als auf dessen Metallstühlen inmitten der belebten Fußgängerzone zu sitzen, selbst wenn das bedeutet, auf wärmende Sonnenstrahlen zu verzichten. Und so kam es, dass Maxi und ich, vor Lärm und neugierigen Wespen gleichermaßen geschützt, nun am beliebtesten Tisch im hinteren Teil der Eisdiele saßen und beide den Luxus genossen, weit und breit keine Tischnachbarn zu haben. Mit Spaghetti-Eis und Fruchtbecher vor uns auf dem runden Marmortisch knipsten wir lustige Selfies und erfreuten uns an diesem Mutter-Sohn-Nachmittag. Bis die Stimmung plötzlich kippte, kaum hatten wir angefangen, das cremige Eis zu löffeln.
„Schatz, ich glaube ich mache den Kindern jedem noch ein ganz besonderes, persönliches Geschenk!“ Es war wenige Tage vor Heiligabend, die gekauften Präsente schon alle verpackt, als in mir der Wunsch aufkam, meinen Söhnen noch etwas unter den Baum zu legen, das ihnen nachhaltig eine schöne Erinnerung bescheren sollte.
Einen Nachmittag jeweils ganz alleine mit ihnen verbringen, das sollte mein Geschenk für sie sein. Über zehn Jahre lang war ich nun Mutter und genauso lange tat ich mich schwer damit, Zeit mit meinen Kindern zu verbringen. Diese Zeit auch noch alleine, ohne meinen Mann oder eine Freundin zur ablenkenden bzw. helfenden Unterstützung, auszuhalten, war für mich jedes Mal die Garantie für emotionale Stressmomente.
Dabei musste nicht mal zwingend ein Kind hingefallen sein, einen lautstarken Tobsuchtsanfall bekommen oder sich von oben bis unten vollgekleckert haben – allein das Wissen, dass etwas Unvorhergesehenes passieren könnte, ließ mich die ganze Zeit mit erhöhtem Stresspegel dasitzen und meinen Fluchtinstinkt krampfhaft unterdrücken.
Je jünger die Kinder, desto schlimmer war es. Ich fühlte mich in ihrem Beisein mehr als überfordert und war immer froh, sobald ich die alleinige Verantwortung wieder abgeben bzw. mit jemandem teilen konnte.
Dass ich nun an dem Punkt angelangt war, ihnen beiden das Geschenk meiner ungeteilten Aufmerksamkeit, noch darüber hinaus in der Öffentlichkeit und über mehrere Stunden am Stück zu machen, mich also zweimal freiwillig der Konfrontation mit meinen Ängsten auszusetzen, hinterließ nicht nur bei meinem Mann, sondern auch bei mir selbst ein Gefühl der Erleichterung und Freude, einen für mich so wichtigen Meilenstein der Aufarbeitung erreicht zu haben.
Für unseren Jüngsten bastelte ich einen Kinogutschein, um mit ihm den Kinderfilm seiner Wahl auf großer Leinwand anzugucken. Mein Großer hingegen mag keine Lichtspielhäuser; ihm macht man mit Leckereien aller Art mehr Freude. Als die beiden an Weihnachten meine individuellen Geschenke auswickelten, war das Leuchten in ihren Augen nicht minder stark als bei ihren gewünschten Spielen für die Konsole und ich war mir sicher, dass ich nun die Chance bekam, ihnen eine wertvolle Erinnerung für die Zukunft zu bescheren, die sie nicht mehr vergessen würden.
Dass mein Elfjähriger deutlich einsilbiger geworden war, seit die beiden Jungs in seinem Alter zwei Tische neben uns Platz genommen hatten, war mir schnell aufgefallen. Maxi blickte auch nicht mehr auf, sondern schien seine gefrorenen Spaghetti nun regelrecht in sich hineinzuschaufeln, als gelte es, einen Wettbewerb im Schnellessen zu gewinnen. Ich hatte Mühe, mit meinen bescheidenen drei Kugeln mitzuhalten.
Mich beschlich die leise Ahnung, dass die Grundschüler in unserer Nähe bzw. meine Anwesenheit der Grund für sein Verhalten sein könnte. So unauffällig wie möglich beugte ich mich zu ihm und fragte ihn leise, ob es ihm peinlich wäre, hier vor den Gleichaltrigen mit seiner Mutter im Eiscafé zu sitzen? „Klar“ murmelte er kaum hörbar zu mir zurück, ohne dabei von seinem Eis aufzusehen oder die Geschwindigkeit beim Essen zu verringern. Meinen scherzhaft gemeinten Vorschlag, dass ich dann heute ausnahmsweise wohl besser nicht auf dem Tisch tanzen sollte, kommentierte er nicht, wie erhofft, mit einem kleinen Grinsen, sondern nur mit einem steifen, zustimmenden „Hmm.“
Die Lage war also ernst!
Zu diesem Zeitpunkt überwog eindeutig noch mein Mitgefühl für meinen Sohn. Freute ich mich doch, dass er einen weiteren, wichtigen Entwicklungsschritt durchmachte und nicht mehr kleinkindhaft händchenhaltend mit seiner Mutter draußen herumlaufen wollte. Darüber hinaus weiß ich nur zu gut, wie peinlich einem die eigene Mutter sein kann und so wollte ich seine Situation nicht verschlimmern, indem ich mich auffällig benahm oder ihm gar einen Vorwurf machte, er solle doch bitte jetzt die gemeinsame Zeit mit mir genießen und die Kinder wie Luft behandeln.
Nachdem unsere Eisbecher beide geleert waren (ich hatte mein Tempo so weit es mir möglich war angepasst), signalisierte Maxi mir, dass er eigentlich noch Hunger hätte. Da ich ihm vorher versprochen hatte, dass mein Gutschein so viele Kugeln Eis beinhaltete, wie er vertragen konnte, musste also nachbestellt werden. Gleichzeitig wollte mein Sohn ohne Umschweife das Café verlassen, wofür ich nicht nur Verständnis zeigte, sondern ihm sogar anbot, den gewünschten Nachschlag unterwegs in der Waffel zu essen.
Wir standen also beide auf und gingen – er Richtung Kühltheke, um sich zwei Sorten auszusuchen, ich Richtung Kellner, um zu bezahlen.
Man könnte meinen, dass nun, nachdem wir aus dem Blickfeld der Jungen verschwunden waren, die Peinlichkeit vorüber gewesen und der Mutter-Sohn-Tag doch noch zu retten gewesen wäre. Aber jetzt nahm das Thema Scham plötzlich Dimensionen an, die ich nicht für möglich gehalten hätte.
„Mama, kann ich vielleicht schon mal vorgehen und du bringst mir das Eis zum Auto?“
In mein -hoffentlich nicht zu lautes- Lachen (immerhin waren die Jungen noch in Hörweite) mischte sich zu diesem Zeitpunkt bereits ein Gefühl von „Ist das nicht langsam ein wenig übertrieben?“ mit rein. Seiner Bitte, ihm das fertige Eis aus dem Waffelständer zur Eingangstür zu reichen, hinter die er sich mit einem vergewissernden Blick, dass die Jungen auch ja nicht zu ihm spähten, zurückgezogen hatte, kam ich gerade noch nach. Vorgehen zu dürfen -ob mit oder ohne Eis- stand für mich anschließend aber nicht zur Debatte.
Nun muss ich dazu sagen, dass meine Söhne echte Genießer sind, wenn sie die kalte Süßspeise im Hörnchen schlecken, das war schon immer so. Wo andere Kinder binnen Minuten zwei Kugeln verdrücken, brauchen unsere fast eine halbe Stunde. Ich schlug Maxi also vor, noch ein wenig durch die Stadt zu laufen oder uns irgendwo auf eine Parkbank zu setzen, bis wir zurückfahren konnten.
Er zögerte kurz, dann rückte er mit der Sprache heraus, dass es ihm lieber wäre, wenn wir durch irgendwelche einsamen Gassen gehen würden, wo die Wahrscheinlichkeit höher wäre, dass sich dort wenige Kinder und Jugendliche aufhalten.
Und so erlebte ich sehr angespannte und aufwühlende dreißig Minuten, in denen mein Sohn sich bei jedem vorbeifahrenden Fahrradfahrer unter 25 Jahren, bei jedem Teenie im Gespräch mit einem Freund versunken, und jedem Knirps, der aus einem halben Kilometer Luftlinie auch nur zu erahnen war, hinter dem nächstbesten Busch oder Laternenpfahl versteckte. Das Eis wurde immer weniger zum Genussmittel, mir schien es, als ob mein Sohn regelrechte Qualen durchlitt, weil ihm das begehrte Kaltgefrorene im Weg stand, aus der peinlichen Situation rauszukommen.
Natürlich kann man sich fragen, warum ich den ganzen Zirkus überhaupt mitmachte und nicht irgendwann entnervt ein Machtwort sprach, er solle sich jetzt nicht so übertrieben anstellen.
Es war mein tiefsitzender Wunsch, er möge mein Mitgefühl für seine unangenehmen Gefühle spüren, für die er ja nichts konnte, der mich davon abhielt.
Ich wollte eben nicht die Mutter sein, die ihm seine Scham vorhält und sie kleinredet.
Und was hätte das gebracht? Dann wäre ich Maxi darüber hinaus auch noch eine entnervte Mutter gewesen. Peinlich wäre ich für ihn ja immer noch geblieben.
Gleichzeitig beobachtete ich, wie sein Verhalten in mir das Gefühl einer Ablehnung von ihm mir gegenüber hervorrief. Gut genug, um ihm sein Vergnügen des Eisessens zu ermöglichen war ich wohl noch, aber mehr wollte er dann nicht mit mir zu tun haben. So kam es mir vor.
Kein „Mama, es war trotzdem schön“ oder „Mama, danke für das leckere Eis“, was meinen ganzen Frust in Luft hätte auflösen können.
Selbst, als das Eis endlich aufgegessen war und wir wieder im Auto saßen, hörte der Krampf nicht auf, da wir vor besagter Eisdiele noch an der roten Ampel warten mussten. Maxi drückte sich in den Sitz und beschwor die Ampel, schnell auf Grün zu wechseln, da die beiden Jungen ja jeden Moment das Café verlassen und ihn im Auto neben seiner Mutter entdecken könnten.
Mir ging die Tochter meiner Freundin Melanie durch den Kopf, die ein halbes Jahr älter ist als Maxi und vor Stolz nur so strotzt, wenn sie mit einem ihrer Elternteile in der Öffentlichkeit gesehen wird.
Ich fuhr mit einem hohlen Gefühl im Brustraum zurück. Jetzt war ich es, die nur noch weg von meinem Sohn wollte. Der Nachmittag hätte als schönes Mutter-Sohn-Erlebnis in unsere Familiengeschichte eingehen sollen. Stattdessen würde ich beim Betrachten unserer Selfies auch zukünftig immer das Gefühl haben, ein schweres, kaltes Eis im Magen liegen zu haben.
Dass ich diesem Erlebnis so viel Bedeutung beimesse, liegt natürlich vor allem daran, dass sie so selten stattfinden. Würde ich, wie so viele Mütter, zehnmal während der Saison mit meinem Nachwuchs Eis essen gehen, wäre die Chance einfach höher, eine rundum schöne Erinnerung mitzunehmen.
Dann würde ich über so einen Tag, wie ich ihn erlebt habe, vielleicht lachen können und schnell wieder vergessen haben.
Meine Enttäuschung war so groß, weil meine Erwartungen so hoch waren. Mein Mann rät mir, direkt von vornherein davon auszugehen, dass irgendetwas oder -jemand dazwischenfunken wird, der die Idylle zerstören könnte. Mein Kopf weiß, dass er Recht hat, während mein Herz schreit:
„Warum hätten diese zwei blöden Kinder nicht erst eine Stunde nach uns das Café betreten können?“
Ich möchte einfach gerne vom Leben für meinen Mut, mich meinen Ängsten zu stellen, belohnt werden. Dass ich in diesen Momenten nicht noch zusätzlich irgendwelche Herausforderungen meistern und Hindernisse überwinden muss. Stattdessen scheint es einen Spaß daran zu haben, mich genau in solche Situationen hineinzumanövrieren.
Im Nachhinein überlegte ich sogar ernsthaft, warum ich nicht auf die absurde Idee gekommen war, den beiden Jungen Geld dafür zu geben, damit sie aus der Eisdiele verschwinden und Maxi sich wieder hätte entspannen können.
Der Kinobesuch mit Mini war übrigens ähnlich unbefriedigend. Der Film war viel langweiliger als von ihm erhofft und damit ein Grund, mit mürrischem Blick und in sich gekehrt zum Auto zurückzugehen, statt sich über all das zu freuen, was schön gewesen war (und wenn es nur Popcorn und Cola gewesen wäre).
Als Maxi und ich nach unserem Besuch im Eiscafé wieder zuhause waren, zog ich mich erstmal zurück und legte mich eine Stunde ins Bett, während die Kinder schon wieder im Kinderzimmer in ihre neuste Spielidee vertieft waren.
Mit einem ehrlichen Blick in meine Gefühlswelt konnte ich auch eine große Enttäuschung erkennen, dass ich trotz meiner Bemühungen und der Arbeit an meinen Ängsten den Zeitpunkt in der Entwicklung meines Sohnes verpasst hatte, an dem ihm das gemeinsame Eis essen in der Öffentlichkeit mit seiner Mutter noch nicht peinlich gewesen wäre. Nun würde es vielleicht dauern bis er 30 wäre, bevor er freiwillig noch einmal mit mir ins Eiscafé geht.
Oder ich mit ihm.
Ja, solche Situationen nehmen mich immer noch mit. Und doch merke ich eine Veränderung zu früher. Zum einen bin ich resilienter geworden, mich reißt so eine Erfahrung nicht mehr in ein tiefes Loch und ich komme schneller wieder hoch – nicht nur aus dem Bett, sondern auch innerlich.
Ich weiß (und das nicht mehr, weil ich es mir einreden muss, sondern weil ich über die letzten Jahre die Erfahrung gemacht habe), dass ich schon viele schöne, verbindende Momente mit meinen beiden Kindern erlebt habe und alle in den imaginären Topf voller glücklicher Erinnerungen gewandert sind. Es sind halt vorwiegend die kleinen Momente zwischendurch.
Und wer weiß, vielleicht sind es für mich scheinbar unbedeutende Aktionen des Miteinanders, die bei meinen Söhnen nachhaltig ein warmes Gefühl beim Erinnern an ihre Kindheit bescheren werden und nicht unbedingt die großen, explizit herbeigeführten.
Das werde ich mir beim nächsten Mal sagen, immer und immer wieder, wenn ich mal wieder Gefahr laufe, zu viel Gewicht und Erwartungsdruck in besondere Momente zu legen.
Ängste, vor allem die, ich könnte als Mutter bei meinen Kindern für zu wenig Glück, Lachen und Wohlbefinden gesorgt oder ihnen entscheidende Mama-Sohn-Momente in ihrer Kindheit verwehrt haben, sind Gift für alle Beteiligten.
Loslassen und mich selbst nicht unter Druck setzen, genau das wirkt doch wie ein Magnet für Glück und Wohlbefinden, auch bei mir selbst.
Und vielleicht kann ich in einigen Jahren, wenn ich mit meinem 30-jährigen Sohn in der Eisdiele sitze, sogar gemeinsam mit ihm darüber lachen, wie absurd komisch dieser Nachmittag damals verlaufen ist, beim „peinlichsten Eis essen aller Zeiten“.
Fotos mit Wasser-im-Mund-Zusammenlauf-Garantie von © Markus Spiske, © Aron Visuals und © Quokkabottles, unsplash.com
Antonia sagt:
Liebe Christine, wie schade! Es haette ja so ein schoenes Eisessen werden koennen…und dann sowas. Ist es nicht irre, wie wir uns selber, in diesem Falle dein Sohn, eigentlich angenehme Momente ruinieren?
Naja, ich kann ihn auch schon verstehen. Bei mir fing es so mit 13, 14 an, dass das Ausgehen mit meiner Mutter mir ploetzlich sehr uncool vorkam. Was die anderen dann denken… das ist wohl die Frage, die Teenager am meisten beschaeftigt. Aber dein Sohn ist noch gar nicht in dem Alter, oder? Ich habe ja das Gefuehl, dass die Pubertaet heutzutage frueher anfaengt…
Tja, da kann man wohl nichts machen. Bei mir wird gerade jedes Wochenende viel bloeder und uneetraeglicher, als ich vorher gedacht habe. Und dann denke ich an mein neues Buch ueber das buddhistische Dharma, in dem steht, dass wir immer gute Situationen und Bedingungen fuer uns erschaffen wollen und das Negative vermeiden wollen, und dass genau die Anhaftung an diesem Bestreben der Grund fuer unser Leiden ist. Na, klickt es bei dir? :-) Das scheint also zu stimmen und trotzdem gibt es einfach viele Situationen, in denen man sich nicht gut fuehlt. Und die gehen auch vorbei…
Ich finde es toll, dass du dich fuer diese Einzel-Nachmittage entschieden hast, dass du bereit dafuer bist, ist doch schonmal schoen. Ich glaube, fuer die Kinder ist es auch besonders, mal Zeit nur mit dir zu haben.
Alles Gute,
alles Liebe,
Antonia
Christine sagt:
Liebe Antonia,
hab vielen Dank für deine Empathie und deine lieben Wünsche!
Ich hoffe, dass es bei euch inzwischen wieder etwas entspannter läuft?
Lg Christine
Lisbeth sagt:
Ich lese deine Beiträge sehr gern, finde mich oft wieder.
Heute sehe ich Maxi vor mir, was wohl in seinem Kopf vorgegangen ist. Er hat sich vermutlich sehr auf diesen Nachmittag gefreut und dann kommen da diese Zwei und er kann nicht aus seiner Haut. Kann es nicht besprechen. Wie eingefroren, von dem Eis auf der Zunge und den hormonellen Veränderungen in seinem Körper.
Ich hoffe du findest noch einmal den Mut, ich hoffe es läuft dann besser für euch. Ich drück euch fest die Daumen
Christine sagt:
Liebe Lisbeth,
danke für deine einfühlsame Interpretation; für ein nächstes Mal bin ich sehr optimistisch! :)
Liebe Grüße
Melinda sagt:
Liebe Christine,
das ist jetzt absolut nicht böse gemeint, aber ich musste beim Lesen so schmunzeln: Du und deine Kinder, ihr seid euch total ähnlich! :-) Du hast häufig recht hohe Erwartungen an bestimmte Situationen/ Augenblicke und bist dann enttäuscht, wenn es in deinen Augen nicht ‚perfekt‘ ist. Deine Söhne scheinen sich das wohl ein wenig von dir abgeguckt zu haben ;-) Ihre Enttäuschung über den doch etwas zu langweiligen Film oder das nicht perfekte Eisessen, können sie nicht verbergen… Da scheint es viele Parallelen zu deinen Empfindungen zu geben und ich finde das total sympathisch! :-) Sei also nicht so streng mit dir und deinen Kindern – vielleicht könnt ihr ja irgendwann gemeinsam darüber lachen. LG
Christine sagt:
Liebe Melinda,
danke dir, ich habe deine Nachricht auch überhaupt nicht bös gemeint aufgefasst!
Lieb von dir, dass du mir die Gemeinsamkeiten zwischen mir und meinen Kindern aufzeigst; das ist in solchen Momenten ja wirklich nicht immer positiv besetzt zu sehen.
Lg Christine
Nina sagt:
Hallo Christine,
ich finde an dem Erlebnis gar nicht so sehr viel Negatives. Im Gegenteil! Vorweg, ganz klar: Es war nicht der Eisdielenbesuch, den du oder dein Sohn im Sinn hattet. Es war für euch beide eine ganz schöne Enttäuschung. Es ist einfach wahnsinnig schade, wenn man bestimmte Erwartungen oder Vorstellungen hatte und es dann ganz anders läuft. Ich kann es gut nachvollziehen, wenn nach dem Ereignis, das so schön hätte werden sollen, ein Gefühl von Frust und Ernüchterung, vielleicht sogar Resignation, zurückbleibt.
ABER! In der Begebenheit finde ich auch ganz viel Positives. Du hast dich deiner Angst gestellt und hast eine für dich sehr schwierige Situation bewusst aufgesucht. Hut ab davor!!! Und: Du hast sehr feinfühlig die Gemütslage deines Sohnes beim Anblick der Schulkinder erfasst. Und hast ihn danach nach Kräften dabei unterstützt, die Situation noch irgendwie einigermaßen erträglich zu machen. Auch davor Hut ab! Andere Mütter hätten es vielleicht gar nicht gemerkt, was in ihrem Kind vorgeht. Und wenn doch, hätten sie vielleicht reagiert im Sinne von „Was bist du denn so genervt, du wolltest doch unbedingt hierher?!“ oder „Stell dich nicht so an, die anderen Kids tun dir doch nix!“ Du bist äußerlich ruhig geblieben und hast dich in der Situation vor dein Kind gestellt und es in seinen Bedürfnissen unterstützt, die Bedürfnisse ernst genommen. Ich finde das ganz toll, es drückt sich so viel mütterliche Liebe, Fürsorge und großer Respekt vor dem Innenleben deines Sohnes darin aus. Ich finde, du kannst riesig stolz auf dich und dein Verhalten in dieser Situation sein.
Was ich auch wichtig finde: Zumindest bis die anderen Kinder auf der Bildfläche aufgetaucht sind, scheinst du eine gute und ziemlich unbeschwerte Zeit mit deinem Sohn gehabt zu haben.
Nicht selten sind es gerade auch die kleinen Pannen im Alltag, die das Band zwischen Menschen stärken. Wer weiß, mit einigen Jahren Abstand wird das vielleicht zu einer gemeinsamen Erinnerung, über die ihr möglicherweise sogar schmunzeln könnt: „Boah, weißt du noch, damals in der Eisdiele…?“
Danke für deinen tollen Blog! Er ist für mich der Ort im Internet, an dem ich mich am meisten „mit meiner Art zu sein“ angenommen fühle. Es tut gut, von Gleichgesinnten zu wissen und zu lesen.
Herzliche Grüße
Nina
Christine sagt:
Liebe Nina,
ich danke dir wirklich sehr dafür, dass du mir all die positiven Aspekte dieses Nachmittags noch einmal in Erinnerung gerufen hast. Das hat mir gut getan! Freut mich auch, dass du dich hier so wohlfühlst :)
Lg Christine
Anne sagt:
Hallo Christine,
vielleicht sollten nicht die beiden Einlösungen der Gutscheine in die Familienanalen eingehen, sondern die unfassbar viele Arbeit die du reingesteckt hast, so weit zu kommen. Liebe hat viele Gesichter. Und die leuchtenden Augen deiner Jungs, als sie die Gutscheine sahen.
Ich wünsch euch Gutes.
Liebe Grüße
Anne
Christine sagt:
Liebe Anne,
ich danke dir von ♥-en für deine lieben Worte! Manchmal fällt es mir immer noch schwer, die ganzen wertvollen Aspekte nicht zu vergessen. Hab vielen Dank!
Christine
Birgit sagt:
Ich frage mich nur immer: wie sollen unsere Kinder Mitgefühl und Empathie einüben, wenn wir Ihnen nie ehrlich und authentisch Rückmeldung geben wie ihr Verhalten bei uns ankommt? Wenn wir Ihnen nie ehrlich zurückpfeffern, dass sie sich gefälligst zusammenreissen und jetzt kein Theater veranstalten sollen? Ihnen knallhart mitteilen, dass wir uns durch ihr Verhalten verletzt fühlen mit entspr. entäuschtem /traurigen Gesicht?? Wo soll dieses tolle Mitgefühl herkommen, wenn wir immer eine falsche Maske tragen, gute Miene zum bösen Spiel machen? Antwort: es entwickelt sich nicht, sie werden Egomonster bleiben, die später ihre gesamte Umwelt mit ihrer unempathischen Art zur Weissglut treiben werden. Also mehr Mut, sich den Kindern ggü ehrlich auszudrücken.
Mit meinem Grossen (14) mache ich gar nichts mehr, denn ich bin ihm eh nur noch peinlich. Er geht sogar alleine in die Stadt und kauft sich dort Kleider (natürlich mit Adidas, Nike drauf pff). Aber seine Selbständigkeit soll mir Recht sein. Desto früher zieht er auch aus 😁…..
Christine sagt:
Je mehr ich mich damit beschäftige, desto mehr bin ich der Meinung, Mitgefühl und Druck ausüben verträgt sich nicht miteinander. Empathie aus einer Forderung oder moralischem Druck heraus entstanden wird nie echt sein. Mitgefühl hat für mich in erster Linie damit zu tun, den anderen verstehen zu wollen (statt in erster Linie erziehen zu wollen). Wenn wir unseren Kindern Respekt vor ihrer Andersartigkeit zollen und sie so annehmen, wie sie sich verhalten. Was ja nicht ausschließen muss, ihnen unsere Sichtweise aufzuzeigen und ihnen auch ehrlich Feedback (mit traurigem Gesichtsausdruck) zu geben, wie ihr Verhalten bei uns (oder einem anderen Gegenüber) ankommt; da bin ich ganz bei dir. Nur eben nicht, indem wir es ihnen entgegenschleudern, sondern vielleicht, indem wir ruhig sagen: „Du, bei mir bewirkt dein Verhalten, dass ich mich so und so fühle, das ist nicht schön.“
Birgit sagt:
Ich denke nur immer: mit 2 Mädchen wärst Du wahrscheinlich glücklicher geworden, sie sind einfach anpassungsfähiger und empathischer als Jungs.
Christine sagt:
:-D Das glaube ich nicht. Es gibt so viele rebellische Mädchen und empathische Jungs. Und das Wort „anpassungsfähig“ stößt bei mir inzwischen eher negativ auf; es klingt zu sehr nach Einschüchterung und in-ein-Raster-pressen.