Meine Empfehlungen, wie du mit deinen Schwierigkeiten, Mutter zu sein, einen guten Therapeuten findest

Du hast dich dazu entschieden, einen Psychologen bzw. Therapeuten aufzusuchen – dafür erhältst du meinen größten Respekt und meine Anerkennung! Obwohl es immer normaler wird, sich bei seelischen Wehwehchen Hilfe zu suchen, ist es doch eine große Überwindung, wenn es um das eigene Leid geht.

Geht es mir wirklich so schlecht, dass ich psychologische Hilfe benötige? Übertreibe ich nicht vielleicht? Nehme ich damit nicht anderen, die es ernsthaft nötig haben, den Platz weg?

Mit solchen Gedanken bist du nicht alleine, das geht vielen so! Interessanterweise stellen sich meistens diejenigen diese Fragen, die schon sehr lange zögern und somit am Rande ihrer Kräfte sind, es also ernsthaft nötig haben.

Ich möchte dich dazu ermutigen, deinem Impuls, zum Hörer zu greifen und die Telefonnummer eines Therapeuten zu wählen, zu folgen und damit nicht nur dir, sondern auch deinem Kind, etwas Gutes zu tun. Im Gespräch mit PsychologInnen kommen wir auch (wieder) mit uns selbst in Kontakt und erhalten so die Chance, unser Leben leichter und nach unseren Bedürfnissen zu gestalten.

Welche Therapieform ist die beste für mich?

Das kann ich dir nicht pauschal beantworten, denn die Therapiemöglichkeiten sind so vielseitig wie deine Erfahrungen es sein können. Bei Wikipedia findest du einen gut aufgestellten und sachlichen Überblick über die verschiedenen Therapieverfahren. Die gängigsten im deutschsprachigen Raum sind die klassische Verhaltenstherapie und die analytische Psychotherapie. Bei der Entscheidung für einen Psychotherapeuten solltest du aber natürlich auch noch die Umsetzbarkeit berücksichtigen: Ist die Praxis für dich gut erreichbar? Wirkt die Therapeutin auf den ersten Blick sympathisch? Wie lange sind die Wartezeiten?

Denn was nützt es dir später, wenn du zwar deine „Traum-Therapiemethode“ ausfindig gemacht hast, die langen Fahrzeiten aber mit dem Abholen deines Kindes von der Tagesmutter kollidieren, der nächste freie Therapieplatz erst in zwei Jahren ermöglicht werden kann oder du mit dem Psychologen nicht warm wirst?

 

Wie komme ich an einen Therapeuten heran?

Du kannst ganz einfach „Psychotherapeut (bzw. deine bevorzugte Therapieform) + den Namen deiner Stadt“ googlen. Wenn du Glück hast, erfährst du so schon über die Internetseite des Therapeuten viel über Therapieverfahren, Ablauf und den Werdegang des Therapeuten, kannst dir aufgrund seines Fotos ein erstes Bild von ihm machen.
Viele Therapeuten haben allerdings keine eigene Website. Dann schau mal auf Psychotherapiesuche.de vorbei oder frage bei deiner Krankenkasse nach, dort erhältst du eine Liste mit Therapeuten in deiner Nähe, die von deiner Kasse übernommen werden. Danach vereinbarst du nur noch direkt einen Termin mit dem Therapeuten, die Abrechnung geschieht später ohne dein Zutun zwischen Praxis und Krankenkasse.

Kann ich auch zu einem Heilpraktiker gehen?

Alternativ zum klassischen Psychologen kannst du auch eine(n) Heilpraktiker(in) für Psychotherapie aufsuchen. Der Vorteil: HeilpraktikerInnen haben in der Regel keine Warteliste und können dir unverzüglich Termine anbieten. Sie können auch sinnvoll als Überbrückung der Wartezeit auf einen Therapieplatz sein oder wenn du nur ein paar Einzelstunden benötigst (oder dir um die Finanzierung keine Gedanken machen musst). Denn der Nachteil ist: Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht. Aber vielleicht lohnt sich ja eine Zusatzversicherung, mit der sich ein paar Kosten einsparen lassen? Erkunde dich da bei Bedarf auf jeden Fall mal, was es bei deiner Krankenkasse für Möglichkeiten gibt!

Was du im Hinterkopf behalten solltest: HeilpraktikerInnen für Psychotherapie haben oft nur eine kurze Ausbildungszeit von 2-3 Jahren genossen und kein langjähriges Studium hinter sich. Damit möchte ich ihre Qualitäten auf keinen Fall per se schmälern (ich selbst habe gute Erfahrungen mit einer Therapie bei einer Heilpraktikerin gemacht), allerdings muss man diesen Punkt einfach berücksichtigen. Mein Tipp: Schau dir den Werdegang an. Gibt es Zusatzqualifikationen? Merkt man bereits anhand der Vita, dass der Heilpraktiker bei der Arbeit mit Menschen nicht nur einen Beruf, sondern seine Berufung gefunden hat? So kann auch mancher Quereinsteiger ein echter Volltreffer sein! Hauptsache, du fühlst dich wohl und gut aufgehoben bei ihm, aber das gilt natürlich genauso für die studierten Psychologen.

Erstes Telefonat mit dem Therapeuten: Welche Qualifikation muss er haben?

Viel wichtiger als bestimmte Therapieverfahren und Studiengänge ist das Gefühl, ob die Chemie zwischen euch stimmt! Die beste Therapiemethode und der studierteste Psychologe nützen dir nichts, wenn du das Gefühl hast, du kannst dich deinem Therapeuten nicht vollends anvertrauen. Dennoch ist gerade im Bereich Traumatherapie eine fundierte Ausbildung sehr wichtig und wertvoll. Wobei langjährige Erfahrung nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass der Psychologe auch besonders empathisch ist. Es gibt auch „alte Hasen“, die nur noch nach ihrem einstudierten „Schema F“ therapieren und wenig offen für neue Ideen und Ansätze oder für den individuellen Menschen, der da vor ihnen sitzt, sind.

Lieber ein Therapeut oder eine Therapeutin?

Das ist ein ganz individuelles Empfinden! Stell dir ruhig selbst die Frage und spüre nach, was sich für dich besser anfühlt. Vielleicht es dir auch egal, ob Frau oder Mann! Frauen mögen sich aufgrund des gleichen Geschlechts grundsätzlich besser in uns hineinversetzen und mit uns „mitschwingen“ können, aber vielleicht gerätst du auch an eine Therapeutin, die selbst von ganzem Herzen Mutter ist und die Vorstellung, man könne sich in seiner Mutterrolle nicht wohl fühlen, mehr als abwegig findet. Meiner Meinung nach muss eine gute Therapeutin das trennen können, aber für diese Einschätzung dient euch beiden ja auch das Erstgespräch! Ich persönlich habe bisher mit Therapeutinnen gute Erfahrungen gemacht, auch beim Thema Muttersein.

Was sage ich denn vorab worum es geht? „Regretting Motherhood“ versteht ja nicht jeder.

Im Grunde reicht es, wenn du sagst, dass du auf der Suche nach einem Psychotherapeuten für dich bist, weil du merkst, dass du dich in deiner Lebensqualität eingeschränkt fühlst, seit du Mutter bist und dich dein Alltag dadurch oft überfordert.

Das größte Geschenk, das wir unseren Kindern machen können,
ist unsere eigene Heilung.

Sabine Vorderderfler

Sollte der Therapeut auf seiner Vita „Arbeit mit dem inneren Kind“ stehen haben?

Es nicht ist verkehrt zu fragen, ob er/sie mit dem inneren Kind bzw. inneren Erwachsenen arbeitet, allerdings sagt das nicht zwangsläufig etwas über den Erfolg des Therapieverlaufs aus oder darüber, ob der Therapeut so intensiv und einfühlsam in die Materie einsteigt, wie du es dir wünschst. Inzwischen arbeiten sehr viele Therapeuten und Psychologen mit dem inneren Kind, die einen mehr, die anderen weniger. Versteif dich aber nicht zu sehr darauf, genauso wenig wie auf ein bestimmtes Therapieverfahren.

Ich habe Angst, mich direkt zu öffnen und einem fremden Menschen meine intimsten Gefühle zu gestehen bzw. meine schmerzhafte Vergangenheit zu offenbaren.

Grundsätzlich ist das natürlich der Sinn einer Therapie, unter die Oberfläche zu blicken. Um dich zu schützen und zu schonen, solltest du aber im Erstgespräch nicht direkt „ans Eingemachte“ gehen, sondern nur relevante Themenfelder ansprechen. Du musst bei einem guten Therapeuten keine Angst haben, dass er deine Gefühle ablehnt oder als unnormal bezeichnet. Im Gegensatz zu unseren Freunden und Bekannten hat er eine Ausbildung oder Studium hinter sich und ist mit „komplizierten“ Gefühlsmustern vertraut, selbst wenn er noch nie etwas von Regretting Motherhood gehört hat.

Ich habe Angst, dem Therapeuten zu sagen, dass ich am liebsten keine Mutter mehr wäre. Was ist, wenn man mir deswegen meine Kinder wegnehmen will?

Wenn du sagst, dass du Schwierigkeiten mit der Mutterrolle hast und du selbst in deinem Leben zu kurz kommst, wird er oder sie nicht sofort das Jugendamt kontaktieren. Grundsätzlich unterliegt der Therapeut der Schweigepflicht, solange keine Kindeswohlgefährdung im Raum steht (Körperverletzung, Gedanken von Kindstötung, etc.). Dann gerät der Therapeut aus verständlichen Gründen in einen inneren Konflikt, was seine Sorgfaltspflicht und Haftung (im Fall der Fälle) betrifft. Grundsätzlich sollte der Therapeut aber einen Blick „hinter die Kulissen“ (also auf deine eigene Vergangenheit bzw. deine Persönlichkeit) werfen und die Ursache dort suchen. Die Überforderung ist dann nur noch das Symptom.

Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich dir übrigens bestätigen, dass selbst das Jugendamt in der heutigen Praxis nicht primär daran interessiert ist, überforderten Müttern ihre Kinder wegzunehmen, sondern ihnen in erster Linie Unterstützung (im Haushalt, bei der Erziehung, in therapeutischer Form) und Hilfe anbietet.

Worauf sollte ich im Erstgespräch achten?

Das Erstgespräch dient dem Therapeuten für eine erste Einschätzung deines Problems und ob er dir dabei helfen kann. Für dich als Patient ist das Erstgespräch dafür da, ein Gefühl dafür zu entwickeln, ob du dich bei dem Therapeuten wohlfühlst: Stimmt die Chemie? Hast du das Gefühl, er kann dich mit deinem schwersten Problem auffangen? Benutze auch deine anderen Sinne: Fühlst du dich wohl in dem Raum? Riecht es angenehm oder lenkt dich ein unangenehmer „Grundgeruch“ ab? Herrscht in der Praxis das reinste Chaos oder wirkt alles kalt und unpersönlich? Du musst dich in dem Raum sicher fühlen, nicht etwas aushalten!

Ist Regretting Motherhood „heilbar“?

Das ist wahrscheinlich eine individuelle Angelegenheit. Weniger Stress und ein unterstützendes Umfeld zu erleben bedeutet nicht zwangsläufig, dass bereuende Mütter noch einmal Kinder bekommen wollen würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Andere können nach der Umstellung ihres Alltags oder der Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte viel besser für sich selbst und ihre Bedürfnisse einstehen und empfinden dadurch die Mutterrolle nicht mehr als so bedrohlich. Manche entdecken auf einmal einen lichtvollen Sinn darin, warum das Leben ihnen diese Aufgabe zugetraut hat und bekommen dadurch einen anderen Zugang zu ihrer Situation. Wieder andere atmen erst auf, sobald die Kinder groß genug und ausgezogen sind.

Was auch immer bei dir der Fall sein mag, ich bin mir sicher, dass eine Therapie für jeden Menschen, aber vor allem für unglückliche Mütter, sinnvoll ist, weil man sich dabei viel besser kennen- und im besten Fall auch lieben- lernt. Und das ist nunmal die Grundvorraussetzung für ein glückliche(re)s Mutterdasein!

Wohin dein Weg dich auch führen mag, ich wünsche dir von Herzen einen liebevollen, verständnisvollen Blick auf dich selbst und den Mut, für dich und deine Bedürfnisse einzustehen! ♥