Die Schaukel schwingt höher und höher an einem dieser ersten Herbsttage, an denen die Luft schon so klar und dünn ist, dass man unweigerlich zu wärmeren Mänteln und Schuhen, die bis über die Knöchel ragen, greift. In der Nacht hatte sich so viel Kondenswasser an den Rutsch- und Klettergeräten gebildet, dass die meisten von ihnen zum Spielen uninteressant sind, aber die Schaukel bedarf nur einer kleinen Wischbewegung mit der Hand und schon ist sie einsatzbereit. „Mama, schaukelst du zusammen mit mir? Du sitzt unten und ich auf deinem Schoß?“ Ein Lächeln umspielt meine Lippen und schon steuere ich bereitwillig auf meinen Sohn zu, um seinen Wunsch zu erfüllen. Früher hätte ich geseufzt, und jeder Schritt in Richtung meines Kindes wäre von innerem Widerstand ausgebremst worden. Wenn ich überhaupt Ja gesagt hätte, dann nur aus Pflichtgefühl meiner Mutterrolle gegenüber. Aber heute, an diesem frischen Herbsttag, kribbelt es voller Vorfreude in mir und ich spüre eine Woge von Dankbarkeit, dass das Leben mir diesen kostbaren Augenblick schenken möchte, den ich in all meinen Jahren als Mutter nicht als solchen wahrnehmen konnte. Denn mein Jüngster, der mich da zu dem gemeinsamen Höhenflug einlädt, ist nicht mehr drei oder fünf, sondern ein Junge von zehn Jahren, der Spielplätze inzwischen eigentlich für öde hält.