Lebensfragen

Manchmal

Manchmal hat ein Tag zu viele Stunden, eine Woche zu viele Tage, ein Jahr zu viele Sekunden. Du fragst dich, wo die Zeit geblieben ist, die du einmal nur für dich hattest. Als kein Kind deine permanente Aufmerksamkeit einforderte, keine Mutterpflichten dich in eine feste Alltagsstruktur zwangen. Die Zeit scheint verronnen, wie in einer Sanduhr.

Mama-Momente

„Mama, hast du mich immer schon geliebt?“ Wie ehrlich antwortet man einem Kind nach schweren postpartalen Depressionen?

Ich sitze in meinem Lieblingssessel, das Notebook auf dem Schoß, und sortiere Kinderfotos. In wenigen Tagen wird Maxi Fünf. Neben einer Auswahl an Spielsachen wird er dieses Jahr auch ein Fotoalbum geschenkt bekommen. Ganz persönlich von mir gestaltet. Es soll ein Album aus den letzten fünf Jahren, von seiner Geburt bis Heute, werden. Bisher hatte Maxi keins, was nicht nur an der beschränkten Auswahl wirklich hübscher Fotoalben in den Geschäften lag (entweder sind sie nicht kindgerecht oder gleich extrem kitschig), sondern vielleicht auch ein klein wenig an meiner Motivationslosigkeit, dem Aussuchen, Bestellen und Einkleben der zig Fotos genug Raum und Zeit zu widmen. Denn was abertausenden Müttern viel Freude bereitet, war für mich lange Zeit undenkbar: Immer wieder Babyfotos anzugucken, um sich an die schöne Säuglingszeit zu erinnern. Die gab es bei mir nämlich nicht.

Mama-Momente

Still wie der See

Gerade habe ich das Ufer erreicht. Kalt ist es hier. Kein Mensch zu sehen, nur das Mädchen mit ihrem Hund dreht eine kleine Runde. Ansonsten sehe ich Niemanden. Grau in Grau spiegelt sich der Himmel auf der festen Eisschicht, die sich auf dem See gebildet hat. Die Anlegestelle, an der im Frühjahr wieder Segelboote vertäut werden, ist nun ein fester Bestandteil des Eises. Sie hält genauso Winterschlaf wie die lichten Bäume am Ufer, deren knorrigen Äste sich lediglich vom Wind hin- und herwiegen lassen.

Lebensfragen

Akzeptieren vom Muttersein ist für mich ein Prozess

Früher war der Fall für mich Sonnenklar. Früher, als ich noch kinderlos war und vollkommen naiv meiner Belastbarkeitsgrenze gegenüber stand. „Was bedeutet für dich Freiheit?“ Über diese Frage brauchte ich nicht lange nachzudenken. „Nicht im Gefängnis zu sitzen“, genau so hätte meine Antwort gelautet. Nicht mehr und nicht weniger. Wieso sollte es unter meinen Lebensumständen auch eine andere Form des persönlichen Freiheitsentzugs geben? Heute würde meine Antwort garantiert differenzierter ausfallen, denn heute bin ich nicht mehr kinderlos. Heute bin ich Mutter von zwei Jungen im Alter von knapp fünf und vier Jahren.