Mama-Momente

„Mama, du bist die Beste!“

Ich drückte auf den Klingelknopf und atmete noch einmal tief durch. Wissend, was mich gleich erwarten würde. Maxi hatte die Nacht bei seiner Omi verbracht und jetzt war es Zeit, ihn abzuholen. Die Morgendämmerung war gerade erst dichten Nieselregenwolken gewichen, unter denen ich nicht nur sinnbildlich jetzt stand und darauf wartete, mich gleich als erstes anschreien zu lassen. Was auch prompt passierte, als die Haustür aufging und mein Sohn mich registrierte. Wie gesagt, ich war darauf vorbereitet. Auch, dass Maxi sich mit Händen und Füßen wehrte, mit zum Auto zu gehen und sich von mir anschnallen zu lassen. Ohne Proteste meiner- oder seinerseits durfte das die Omi übernehmen. Abschiedswinken, dann saßen wir zwei im Auto und schwiegen uns frustriert an.

Einen letzten, verzweifelten Versuch einer netten Konversation wagte ich. Ob er denn von seiner Übernachtung bei seiner Großmutter etwas Schönes zu berichten hätte? Ein motziges Gegrummel war die Antwort. Nein, er wollte nicht mit mir reden. Und so fuhren wir los. Kein „Guten Morgen“, kein „Schön, dass du da bist!“ oder „Ich hab mich auf dich gefreut“. Zumindest nicht von Maxis Seite. Bei seinem Bruder angekommen das gleiche Spiel. Mein Schwiegervater sammelte gerade die letzten Sachen zusammen, als Maxi und ich in der Tür erschienen. Statt einer freudigen Umarmung meines Jüngsten nur heftiges Kopfschütteln und Protest. Nein, auch Mini wollte nicht mitkommen.

Nach zwei Stunden Kinder bei der Verwandtschaft einsammeln und in die Kindergärten kutschieren, schloss ich erschöpft meine Wohnungstür auf und lehnte mich von Innen erst einmal entkräftet dagegen. Was war noch mal der Dank dafür, dass ich meine freie Zeit an diesem Morgen geopfert hatte? Wiedersehensfreude? Begrüßungsküsschen? „Mama, du bist die Beste?“ Ich schnaubte einmal laut vor mich hin, vielleicht auch zweimal und fragte mich, was mich jetzt eigentlich so nervte. Ich hatte doch gewusst, wie meine Kinder ticken. Dass Kinder in dem Kleinkindalter generell so ticken. Vor allem, wenn sie gerade eine tolle Zeit bei den Großeltern erleben durften. Es war also überhaupt nichts Überraschendes passiert und trotzdem ballte sich wieder ein kleiner Kloß in meiner Magengegend zusammen.

Aber vielleicht war es genau das. Die fehlende Dankbarkeit, das nicht vorhandene Empathieempfinden seit mehr als dreieinhalb Jahren für Alles und Nichts. Egal, was der Grund war, und vor allem wenn er gut gemeint war. Mini und Maxi entschuldigen sich weder dafür, wenn sie mir auf die Füße getreten, geschweige denn auf meinen Nerven herumgetrampelt haben, noch sehen sie den ganzen Aufwand, den ich ihretwegen betreibe oder die Stunden, die ich nachts an ihrem Bett verbringe, wenn Bauchweh oder Albträume sie plagen. Egal, was man als Eltern anbietet, das trotzige Kleinkind ist grundsätzlich dagegen. Kein Gutenmorgengruß beim Aufwachen und als Reaktion auf Liebesbekundungen kommt als Antwort regelmäßig Erfrischendes wie „Ich hab heute AA gemacht.“ Jaja, Kinder in dem Alter können eben noch nicht anders. Aber meine Energiereserven sind auch nicht unerschöpflich.

Ich hörte mir noch eine Weile beim Jammern zu, kam aber zu keinem Ende. Im Gegenteil. Die zwei Stunden hatten mich dermaßen aufgewühlt, dass auch der Kaffee mit dem Extraschuss Milch meine Laune nicht wesentlich heben konnte. Die meisten Mütter, von denen ich lese oder höre, betonen immer wieder, dass die schönen Momente mit ihren Kindern den ganzen Frust wieder wettmachen. Eine Umarmung seitens der Tochter, ein „Mama lieb hab“ vom Sohn. Von solchen Begebenheiten kann ich nur träumen, bzw. kommen sie zu selten vor, als dass sie Seelennahrung für schlechte Tage wären, von der man im Nachhinein noch zehren könnte. Wo andere Mamas ihre Energie aus den glücklichen Momenten mit ihren Kindern ziehen, muss ich mich anderer Quellen bedienen. Sport, lesen, kleine Mama-Auszeiten. Blöd nur, wenn die Zeit dafür fehlt.

Als ich mittags die Kinder vom Kindergarten wieder abholte, erwartete mich schon der nächste Zirkus. Schuhe anziehen? Wie blöd ist das denn bitte?! Friedlich neben dem Bruder sitzen? Unmöglich, ohne ihn vors Schienbein zu treten! Mamas Nerven? Nicht nur egal, sondern gar nicht erst beachtet.

Mama ist die BesteMein Griff zum Telefon war daher obligatorisch. Ich wählte den Notruf, meine Mutter nahm ab und versprach, ihr geplantes Nachmittagsprogramm nach hinten zu verschieben, um mir zwei Stündchen Luft zu geben. Und so fand ich mich dann in dem kleinen Café ihrer Stadt wieder und hörte den älteren Damen beim Kaffeetassenklappern zu, während ich diesen Mama Blogbeitrag zwischen Teeglas und Zuckerdose niederschrieb. Meine Kinder waren selbstredend nicht davon begeistert, dass dieser Nachmittag auch mal ein Ende hatte. Begeistert fielen sie mir nicht um den Hals. Ich dafür meiner Mutter, die für mich nicht zum ersten Mal alles stehen und liegen gelassen hatte, damit ich mich erholen konnte: „Mama, du bist einfach die Beste!“

Fotos mit freundlicher Unterstützung von © Kelli Mcclintock, © Roberto Nickson, unsplash.com

2 Gedanken zu „„Mama, du bist die Beste!““

  1. Nova sagt:

    Das kommt erst, wenn sie älter sind und sehen was man als Mama alles tut! Fühl dich gedrückt, ich kenn das zu genüge von meiner Zuckermuckeltante. Früher war es die Hölle sie von Oma oder Verwandtschaft abzuholen, heute freut sie sich genauso auf mich, wie ich mich auf sie! ♥

  2. mimi sagt:

    Hier ist es genau anders herum. Die kinder bleiben erst gar nicht woanders. So kommt leider null Erholung oder gemeinsame zeit für uns Eltern raus.

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