Mama-Momente

Manchmal möchte ich keine Mutter mehr sein

Heute Morgen bin ich vom Duft frisch aufgebrühten Kaffees geweckt worden. Während ich mich verschlafen noch einmal umdrehte, kurz registrierend, dass es bereits halb zehn war, brachte mein Mann warmes Toast mit Rührei ans Bett. Da das Wetter nicht zum Rausgehen aussah, zogen wir die Vorhänge wieder zu und standen erst zum Mittagessen wieder auf. Bis zum Abend kuschelten wir uns TV-guckend aufs Sofa und schauten dem Regen bei Kerzenschein von Innen zu. Schön wär’s: Dieses Traumszenario findet derzeit nur im halbschlafenden Zustand in meinem Kopf statt, abends, wenn ich total k.o. auf meiner Couch vor mich hin döse und froh bin, kein Kind mehr hören und sehen zu müssen.

Frisch aufgebrühten Kaffee und Toast gab es tatsächlich heute Morgen. Nachdem ich unsanft von lautem Gebrüll aus dem Schlaf gerissen wurde und müde ins Wohnzimmer stolperte. Den Kindern war das Schmuddelwetter herzlich egal, es gab also keine Ausreden, nicht nach Draußen zu gehen. Zudem waren wir noch bei den Großeltern meines Mannes zum Kaffeetrinken plus Spaziergang eingeladen worden. Schön, wenn man keine quengeligen Anderthalb- und Zweieinhalbjährigen dabei hat. In unserem Fall wären Ohrstöpsel für alle Beteiligten das Mitbringsel der Wahl gewesen. Völlig erschöpft vom Tag durften wir zuhause dann noch zwei überdrehte und übermüdete Kinder verköstigen und mit einer versprochenen Gute-Nacht-Geschichte behelligen. Und als ob das nicht alles schon genug wäre, entfällt unser kinder- und quengelfreier Abend jetzt, weil mein Mann noch dringend etwas für einen wichtigen Kunden morgen vorbereiten muss.

Es gibt Tage wie heute, da bin ich keine glückliche Vollblutmami. Und erschreckender Weise treten diese Tage in letzter Zeit ziemlich häufig auf. Ich kann nur mutmaßen, ob es mit der anstrengenden Phase zu tun hat, in der Mini und Maxi sich derzeit befinden, Zeit, die bei mir als Mama zu lang und als Frau zu kurz kommt, ein fehlender, „richtiger“ Job, meine Hochsensibilität oder alles zusammen.

Klar, wenn Mini ein Spielzeug hat, das Maxi auch gefällt (und das ist zurzeit alles vom Sandförmchen über Schlüsselbund bis hin zum liegen gebliebenen Brotkrümel), gibt es Gekreische, weil er es nicht haben kann. Umgekehrt genauso. Und das permanent solange die Beiden wach sind. Bei einem Kind ist das schon anstrengend genug. Gequengel und Gekreische mal 2 ist vierfach so anstrengend (hat die schlechte Mathematikerin in mir ausgerechnet). Wenn dann noch zig Geburtstagsfeiern von Verwandten genau an dem einen Tag in der Woche stattfinden, an dem mein Mann und ich eigentlich Zeit für uns eingeplant haben, fehlt die dringend Benötigte wieder zum Kraftholen, Energie laden und sich mal über Sachen austauschen, die nichts mit Kinderkacke o.Ä. zu tun haben.

Richtig neidisch bin ich derzeit auch auf meinen Mann. Wenn der unter der Woche mit uns am Frühstückstisch sitzt, kann er heimlich auf die Uhr schielen und sich ausrechnen, in wie viel Minuten er die Treppe zum Auto hinunter rennen und in den Fluchtwagen steigen kann. Sicherlich nimmt er jedes Mal vier Stufen gleichzeitig, um so schnell wie möglich dem Gezanke der Jungs und den fragenden Blicken der Nachbarn zu entkommen.

Natürlich gibt’s im Büro dann anderen Stress. Genervte Kunden und Termindruck sind jetzt grundsätzlich nicht mein Mittel der Wahl, das ich meinen Kindern vorziehen würde. Wie gesagt: Grundsätzlich nicht. Im Augenblick aber schon. Einfach mal rausgehen, die Tür hinter den Kindern schließen und sagen können: „Kloppt euch doch ohne mich, Mama geht jetzt mal ´nen Kaffee bei Sturbucks trinken!“ Momentan würde ich fast alles dafür geben, eine Woche wieder kinderlose Frau zu sein.

Klappt aber nicht. Selbst wenn es ein paar mutige Bereitwillige gäbe, die sieben Tage frustriertes Langweilerleben gegen eine Woche Halligalli mit meinen Jungs tauschen würden, sie stellten Mini und Maxi ja doch nach kurzer Zeit mit dem Vermerk „Nerventöter“ zurück vor meine Tür.
Ich kann nur hoffen, dass auch diese Phase nicht ewig anhält. Wie so Viele, die, im Nachhinein betrachtet, gar nicht so schlimm waren. Weil schlimmere Phasen folgten? Darüber möchte ich im Moment lieber nicht nachdenken.

Ich werde jetzt das tun, worin ich mittlerweile schon geübt bin: Abwarten und (Pfefferminz-)Tee trinken. Irgendwann werden sie älter. Und noch ein bisschen älter. Und wenn ich dann eines schönen Sonntages aufwache und frisch gebrühten Kaffeeduft in der Nase habe, mich umdrehe und statt einer leeren Betthälfte meinen verschlafenen Mann neben mir vorfinde, dann weiß ich, dass ich nicht geträumt habe. Dann bringen Mini und Maxi mir Toast mit Rührei ans Bett, lassen uns bis mittags schlafen und gemeinsam verbringen wir zu Viert den verregneten Tag aneinandergekuschelt vor dem Fernseher. Dem Gezanke um den richtigen Sender werde ich dann hoffentlich gewachsen sein.

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