Mama-Momente

Warum der Verzicht auf Mama-Auszeiten schnell riskant werden kann

Der Tag fing an und ich wusste bereits auf dem Weg ins Badezimmer, dass ich unentspannt war. Normalerweise machte mir das an einem gewöhnlichen Montagmorgen nichts aus, immerhin bedeutet bei uns der erste Tag der Woche, dass auch der Kindergarten für meine Söhne wieder losgeht. Für mich also eigentlich kein Grund, aus meiner Unentspanntheit ein großes Ding zu machen, schließlich habe ich ab Acht Uhr die Wohnung für mich und kann erst einmal in Ruhe zu mir finden, ergo auch zu innerer Ruhe, um ab Mittag hundemüden Kindern mit schlechter Laune gelassen zu begegnen. Aber an diesem Morgen standen die Vorzeichen schlecht – Maxi hatte am Vortag Fieber gehabt.

Ein krankes Kind in den Kindergarten zu stecken, wäre für mich früher ein Fall für alle Rabenmütter und somit ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Mal im Ernst: Aus welchem Grund sollte man ein schlappes, sich unwohl fühlendes Kind in Zirkus Halligalli stecken, statt es zuhause in ruhiger, liebevoller Atmosphäre gesund zu pflegen? Jeder mit (wo wir schon mal beim Thema sind) gesundem Menschenverstand würde mir da sicher beipflichten. Also war für mich noch während der ersten Schwangerschaft klar, dass ich meinen Nachwuchs bei jedem noch so kleinen Hüsterchen, jedem Anflug von Temperatur, jeder laufenden Nase zuhause lassen würde.

Und dann bekam ich meine Kinder und aus meinen ach-so-tollen Vorsätzen wuchsen langsam aber stetig zwei Erkenntnisse heran. Erstens: Kleinkinder sind ständig krank. Würde ich sie bei jeder laufenden Nase zuhause lassen, käme sicherlich vom Kindergarten schon bald per Telefon die Nachfrage, ob ich Mini und Maxi bis Weihnachten denn noch mal vorbeischicken wollte.

Zweitens: Kranke Kinder liegen nicht den ganzen Tag krank im Bett. Zumindest meine nicht. Selbst mit 39,6°C können sie noch basteln, durch die Wohnung springen und den Bruder ärgern. Und gerade Maxi, unser Vierjähriger, kann das besonders gut. Seine Laune scheint sich an solchen Tagen überdies noch antiproportional zur Fiebertemperatur zu verhalten. Je höher das Fieber, desto unterirdischer sein Gemotze. Und das ist ansteckend! Genauso ansteckend wie sämtliche Infektionskrankheiten. Sprich: Ich selbst muss vorher schon tiefenentspannt sein, um mich von meinen kranken Kindern nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Und genau das war ich an besagtem Montag nicht: Tiefenentspannt. Nicht mal annähernd entspannt war ich.

Somit stand ich nun vor einem echten Dilemma: Sollte das Thermometer immer noch erhöhte Temperaturen anzeigen, hatte ich (um im Krankheitsbild zu bleiben) nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder ich steckte mein krankes Kind in den Kindergarten, überforderte somit seinen Körper und durfte mich den ganzen Tag als Rabenmutter fühlen (und jede Minute mit einem Anruf rechnen, ich solle doch bitte sofort das fiebrige Kind abholen) oder ich ließ den kranken Maxi zuhause, überforderte somit mein eigenes Ich und lief ständig Gefahr, bei jeder Kleinigkeit zu explodieren, so unentspannt, wie ich war. Für uns beide schien es keine zufrieden stellende Lösung zu geben. Und das Schlimmste daran war: Wäre ich nicht so fahrlässig mit dem Weglassen meiner Mama-Auszeit umgegangen, müssten mein Sohn und ich jetzt nicht in dieser tragischen Situation stecken.

An anderen Tagen habe ich in solch einem Fall auch schon mal meine Mutter einspannen dürfen, aber erstens hat die auch nicht immer Zeit und zweitens will sie selbst auch mit entsprechend vollen Akkus die Mission Kinderbetreuung angehen. Irgendwie sympathisch, wenn auch für mich nicht immer praktisch. Aber so ist das nun mal: Zuerst muss es der Mutter gut gehen, damit sie gut für ihre Kinder sorgen kann. Egal, welche Generation betroffen ist.

Warum der Verzicht auf Mama-Auszeiten schnell riskant werden kannIch glaube das ist eine weitere Erkenntnis, die sich in unseren Köpfen noch nicht ganz eingenistet hat. Natürlich wissen wir Mütter, dass wir gestresst nicht die besten Mütter für unsere Kinder sein können. Dafür müssen uns unsere Kinder nicht mal mit 40 Grad Fieber oder miesepetriger Laune gegenübersitzen. Es ist für sie (und uns!) doch in jedem Fall nur von Vorteil, wenn wir immer wieder entstressen, um Tochter wie Sohn gelassen begegnen zu können. Macht die Erziehung doch allgemein hin leichter!

Aber irgendwie scheint kaum die Dringlichkeit zu herrschen, diese Tatsache auch umzusetzen. Irgendwas scheint immer wichtiger zu sein. Entweder finden wir Ausreden, dass unser Job gerade so stressig ist oder der Alltag keine Zeit zum Entspannen lässt oder –schlimmer noch- wir machen uns selbst den Druck, keine Auszeiten zu benötigen, weil wir als gute Mutter selbstredend immer und überall ganz von selbst tiefenentspannt sein müssten. Aber wehe, wir sind es dann nicht, dann nennen wir uns selbst schlechte Eltern – Wie krank ist das denn bitte?

Ich habe inzwischen eingesehen (auch, wenn es viel zu lange gebraucht hat), dass es bei mir ohne regelmäßige (kinderfreie) Pausen nicht geht. Und damit meine ich nicht zwei Wochen Urlaub im Jahr, sondern mehrere Auszeiten am Tag! Gewiss fällt mir das nicht immer leicht. Gerade, wenn es mir nicht saumäßig schlecht geht, merke ich oft gar nicht, dass ich mal wieder eine Pause brauche. An dem Wochenende vor obig genannten Montag hatte ich tatsächlich viel kinderfreie Zeit gehabt. Und dennoch hatte ich in den 48 Stunden nicht ein Stündchen mal nur für mich genutzt, um die Seele baumeln zu lassen und bei mir selbst zu bleiben. Stattdessen hatte ich viel Action im Außen gesucht (Einkaufen, Fernsehen, Social Media), was mir nachweislich im größeren Ausmaß nicht bekommt.

Nun spürte ich also unmittelbar die Konsequenzen. „Selbst Schuld“ murmelte ich meinem Spiegelbild an jenem Morgen gerädert zu. Doch dann versuchte ich, mir selbst ein wenig netter und mitfühlender zu begegnen. Es war ja nicht meine Absicht gewesen. Und jetzt war es so, wie es war. Daran konnte ich innerhalb der nächsten fünf Minuten eh nichts ändern. Und mir Schuldgefühle zuzusprechen würde meine Laune weiß Gott nicht heben. Beim nächsten Mal würde ich eben ein wenig sensibler meine Anzeichen von seelischer Erschöpfung aufspüren und rechtzeitig Ruhepausen einsetzen müssen. Und selbst das ist ja schon manchmal eine kleine Herausforderung für sich.

Jetzt musste ich mich erst einmal dem Projekt namens Kinderbetreuung mit krankem Kind widmen. Aber siehe da, auf wundersame Weise hatte sich Maxis Fieber vollständig verabschiedet. Quasi über Nacht hatten sich unsere Probleme gelöst. Nicht nur schön für Maxi und sein Wohlbefinden, auch meine Zwickmühle hatte sich somit aufgelöst; eine Tragödie blieb uns erspart. Ich fühlte mich, als wäre ich noch einmal mit blauem Auge davongekommen und war mehr als Happy darüber, dass ich den Vormittag nun doch noch zur Selbstregeneration nutzen konnte, während Mini und Maxi einen spaßigen Tag im Kindergarten verbringen durften. Anscheinend brauche ich vom Leben auch ab und an einen Warnschuss, um den rechten (gesunden) Weg nicht aus den Augen zu verlieren.

Fotos mit freundlicher Unterstützung von © Ben Blennerhassett, © Eric Ward, unsplash.com

3 Gedanken zu „Warum der Verzicht auf Mama-Auszeiten schnell riskant werden kann“

  1. Anny sagt:

    den Text könnte 1:1 ich geschrieben haben. Danke, es tut so gut, nicht die Einzige, der es so geht, zu sein!

    1. Christine sagt:

      :-* Fühle dich herzlich gedrück!

  2. Kaili Roth sagt:

    Kann Anni nur zustimmen

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