Mama-Momente

Nach zweieinhalb Jahren – Mein Kind ruft nach Mama

Mittwoch war für mich ein besonderer Tag. Nicht, weil es auf unserem Waldspaziergang in Strömen regnete und Maxi zehn Minuten den Bach zusammenschrie, weil sein Bruder unverschämterweise auch mal mit Schaufel und Eimer im Wasser spielen wollte, während Mama sich auf einem nassen Stein den Arsch Popo abfror. Nein, das ist nichts Besonderes, das passiert gerade beinahe täglich.

Meinen „Zück-den-Rotstift-für-den-Kalender“-Moment hatte ich mittags, nachdem der Mann nach Hause gekommen war. Normalerweise bin ich dann in der Küche bei den letzten Vorbereitungen für das gemeinsame Mittagessen, während die Jungs nebenan im Kinderzimmer vom Papa geweckt und gewickelt werden.

Vielleicht weißt du bereits, dass ich nach Maxi’s Geburt unter postpartalen Depressionen litt. Und auch, wenn die schlimme Zeit meiner Ablehnung ihm gegenüber schon länger Geschichte ist, wuchs unsere Beziehung langsamer, als ich es gerne gehabt hätte. Maxi ist ein absolutes Papakind, das sich bisher von mir nur trösten, anziehen, wickeln, an die Hand nehmen (hier ist noch Platz für beliebige, andere Aktivitäten) ließ, wenn es anders nicht ging (sprich, sonst Keiner da war, der das hätte übernehmen können).

Mit der Zeit habe ich einen Weg gefunden (finden müssen!), damit klar zu kommen, dass das eigene Kind jedes Mal ein lautes Theater veranstaltet, wenn Mama etwas übernehmen soll, obwohl der Herr Papa daneben steht. Für mich war es (und ist es an manchen Tagen immer noch) schwer, damit klar zu kommen. Nette Ratschläge à la „Freu dich doch, dass du Zeit für dich hast“ oder „Das wird irgendwann genau andersherum sein, das wird schon noch, du wirst sehen“ halfen mir nicht weiter, schließlich konnte mir Niemand mit Sicherheit sagen, wie lange ich diese Durststrecke noch ertragen müsste, ob sie überhaupt je enden würde. Immerhin ist der Junge bereits zweieinhalb Jahre alt.

Aber am Mittwoch wollte ich doch tatsächlich meinen Ohren nicht trauen, als ich da so in der Küche vor meinem Nudelsalat stand und ein deutlich hörbares „Mama? Mama kommen?“ vernahm. Dann eine leise, tiefere Stimme: „Du möchtest, dass die Mama kommt?“ – „Ja.“ Also ließ ich alles stehen und liegen legte ich bedächtig das Salatbesteck zur Seite und flitzte ging Richtung Kinderbett, in dem Maxi wie ein Buddha saß und darauf wartete, dass sein Bruder Mini endlich fertig wurde mit Umziehen. Ich half Maxi auf die Wickelkommode und wollte ihn schon an seinen Vater übergeben, der auch bereits routiniert anfing, an Maxi’s Schlafanzug zu zupfen. Ein lautes Quieken war die Antwort „Naaain, nicht Papa! Mama machen!“

Ich stieß ein ungläubiges, leises „Hallelujah“ hervor, bevor mein Typ dann am Wickeltisch verlangt wurde (und mein Mann bei den Nudeln in der Küche erwünscht war).

2 ½ Jahre. Eine verdammt lange Zeit. Natürlich war es mir in den letzten Wochen aufgefallen, dass Maxi sich immer öfter auf meinen Schoß setzte oder auch mal wie selbstverständlich meine Hand, statt die seines Vaters beim sonntäglichen Familienausflug, ergriff. Dennoch waren dies für mich noch „stumme“ Liebkosungen, wie etwas Verletzliches, das kaputt gehen könnte, wenn man es ausspricht. Das hier war eine eindeutige Botschaft: „Ich möchte meine Mama gerne um mich haben.“

Wirst du mein Schatz. Ich bin nämlich auch gerne bei dir.

Titelfoto mit freundlicher Unterstützung von © Andre Ouellet, unsplash.com

8 Gedanken zu „Nach zweieinhalb Jahren – Mein Kind ruft nach Mama“

  1. Krissi sagt:

    Wirklich schön! Und wirklich schön geschrieben! Vorallem die letzten zwei Sätze sind sehr berührend. Ich freue mich für euch!

    1. Christine sagt:

      :) Danke dir!

  2. Wiebke (Verflixter Alltag) sagt:

    „…„stumme“ Liebkosungen, wie etwas Verletzliches, das kaputt gehen könnte, wenn man es ausspricht…“ Gänsehaut! Toll geschrieben und der Inhalt ist noch schöner: es freut mich, dass Ihr zueinander findet!
    Viele Grüße, Wiebke

    1. Christine sagt:

      Liebe Wiebke,
      vielen Dank für deine netten Worte und das Kompliment :) Da bekommen ich Gänsehaut!
      Liebe Grüße
      Christine

  3. Eva sagt:

    Ich habe gerade eine ganz schön lange Weile lesend hier verbracht und vor allem von den so schwierigen Zeiten gelesen. Es ist so krass, wie hilflos man bei psychischen Problemen ist. Und diese Hebamme… Da fällt einem wirklich nichts mehr ein. Und dann dieser Artikel. Ich hatte Tränen in den Augen und freue mich (auch unbekannterweise) sehr über diesen wunderbaren Moment für dich.
    Alles, alles Liebe für dich und deine kleine Familie,
    Eva

    1. Christine sagt:

      Liebe Eva,

      willkommen auf meinem Mama Blog, schön, dass du es dir hier (wie ich herausgelesen habe) so lange gemütlich gemacht hast!
      Ja es stimmt, ich finde in unserer Gesellschaft werden psychische Probleme immer noch zu sehr unter den Teppich gekehrt und zu wenig beachtet – umso schlimmer, wenn man so ein Unverständnis dann noch von fachlichen Bezugspersonen erfährt, an die man sich hilfesuchend wendet. Danke für deine lieben Worte und dass du dich in diesem Beitrag so sehr für mich mitgefreut hast!
      Dir auch alles Liebe!

  4. sonja sagt:

    liebe christine, ich hab die ganze zeit eigentlich ein bisschen schmunzeln müssen, weil in meinem kopf war nur: genauso geht es vielen, vielen vätern … wobei es für die vermutlich etwas natürliches ist, dass das kind zum anderen elternteil die engere bindung hat – und vielen davon wohl auch ganz recht, damit weniger in die pflicht genommen zu sein … und eben denk ich: wir können gar nicht oft genug die klischeevorstellungen und die rollenerwartungen in unserer gesellschaft genau betrachten und aus unserem leben werfen, was uns davon nicht genehm ist … liebe grüsse, s.

    1. Christine sagt:

      Liebe Sonja,

      ich gebe dir völlig Recht! Manchmal ist man so festgefahren in vermeintlich gesellschaftlichen Rollen und Erwartungen, dass man nur selten auf die Idee kommt, sie zu hinterfragen, geschweige denn, sie einfach loszulassen. Da braucht es sicherlich ein bisschen Übung und vielleicht eine generelle Selbstverständlichkeit, Dogmen auf die eigene Sinnhaftigkeit zu überprüfen.

      Liebe Grüße!

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