Unser zweiter Liebling(s)-Tag des Jahres stand im Februar unter dem Motto „Essen gehen“ und dafür hatten wir uns einen Italiener aus der Nachbarstadt rausgesucht, von dem passender Weise noch einen Geschenkgutschein von Anno Tuck in unserer Küchenschublade herumlümmelte. Wir kannten das Restaurant persönlich noch nicht, wurden aber von diversen Freunden des guten Geschmacks auf einen leckeren Abend eingestimmt.
Am Sonntagabend trudelten nach dem Zubettbringen der Kinder dann langsam meine Schwiegereltern ein, die sich wie selbstverständlich dazu bereit erklärt hatten, die Stellung zu halten. Mit mitgebrachtem Strickzeug und dem „Tatort“ im Ersten wollten sie sich den Abend versüßen. Mein Mann und ich warfen uns in Schale, zogen von Dannen und freuten uns auf einen ruhigen Abend, bei dem wir mal wieder in gemütlicher Atmosphäre und einem guten Glas Rotwein eine geistreiche Unterhaltung führen konnten.
Das Restaurant machte auf den ersten Blick einen vielversprechenden Eindruck: Modern eingerichtet, sauber, gedämpftes Licht. Auf den zweiten Blick war es sehr voll und trotz des relativ kleinen Raums vor allem laut und wir sahen schon, dass es nur noch zwei freie Tische gab. Einen weiter hinten im Raum, gemütlich an der Wand stehend, allerdings für vier Personen gedeckt, der andere Tisch für Zwei befand sich direkt zwischen Küche, Garderobe und den Toiletten. Während die Kellnerin unsere Reservierung überprüfte, betete ich im Geiste, dass wir nicht den Katzentisch zugewiesen bekämen. Für diesen Fall hätte mir eine Vorspeise genügt oder zwei Gläser Wein am Abend nicht gereicht. Aber wir hatten Glück und durften uns den Tisch aussuchen. Keine Frage, dass wir Erstgenannten nahmen.
Jetzt musst du aber wissen, dass die Tische extrem groß waren. Mein Mann saß mir nun also gegenüber, geschätzte 1 ½ Meter entfernt von mir. Wie sollte da eine romantische Stimmung, geschweige denn eine geistreiche Unterhaltung zustande kommen? Wir blickten uns um und uns war sofort klar, wie diese furchtbare Lautstärke trotz geringer Anzahl von insgesamt 30 Sitzplätzen zu erklären war: Alle brüllten. Klar, schließlich waren wir nicht die Einzigen mit den Maxi-Tischen. Somit fand unser Gespräch den ganzen Abend über im Schreien statt.
Trotz Vorbeugen meinerseits und gesteigerter Lautstärke seinerseits, musste ich mehrmals nachfragen, was mir mein Mann denn da gerade wieder zugerufen (Verzeihung: gebrüllt) hatte. Eine gepflegte Unterhaltung hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt (Die sanfte, italienische Hintergrundmusik nahm ich übrigens das erste Mal später am Abend auf der Damentoilette wahr). Wir hofften Beide, dass das Essen unter diesen Umständen schnell serviert wurde, damit wir unsere Stimmbänder schonen könnten, aber allein auf die Vorspeise mussten wir leider eine Stunde warten.
Die war allerdings wirklich köstlich, eine dekorativ angerichtete Bruschetta mit frischen Tomaten und Kräutern. Auch unsere Hauptspeisen, gegrilltes Rumpsteak und Kalbsfilet mit einer Salbei-Weißwein-Sauce waren wirklich empfehlenswert. Lediglich die Gemüse-Kartoffel-„Beilage“ glich eher einer geschrumpften Dekoration, denn einer Sättigungsbeilage. Ein durchgeschnittener Erdapfel plus zwei Zentimeter Zucchini und Möhren hätte der Koch sich dann auch direkt sparen können.
Mein Fazit: Ich gebe dem Februar-Liebling(s)-Tag 2 von 5 Sternen. Die saftigen Preise und ein unangenehmer Lautstärkepegel konnten die freundliche Bedienung, das Fleisch und den guten Rotwein leider nicht wettmachen. Da wir es uns nicht ständig leisten können Essen zu gehen (sowohl preislich als auch zeitlich, der Kinder wegen), sollte es ein besonderer Abend werden. Wir hatten uns eine romantische Atmosphäre erhofft, wo man die Zeit und das passende Ambiente zum Reden hat. So hätten wir auch gleich in die Disco gehen können. Da wären wir für die gleiche Lautstärke zumindest günstiger bei weggekommen. Und die Musik hätte ich auch nicht nur auf der Toilette vernommen.