Mama-Momente

La, le, lu, bei uns geht es schnell zur Ruh‘

Ich ließ mich in meinen Lieblingssessel fallen und jegliche, noch vorhandene Energie entwich mit dem nächsten, tiefen Atemzug meinem Körper. Viel war das nicht mehr. Es war kurz vor Sieben und ich hatte meine Söhne gerade zu Bett gebracht. Ein langer und anstrengender Tag lag hinter mir, so wie eigentlich immer, und ich war froh, meine Füße endlich hochlegen und der Stille im Wohnzimmer lauschen zu können. Und trotzdem beschlich mich an diesem Abend mal wieder das schlechte Gewissen. Sollte ich den Kindern nicht ein längeres Gute-Nacht-Ritual ermöglichen? War die erste Strophe eines Schlaflieds nicht zu wenig für einen zwei- und dreijährigen Jungen?

„Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht so weit; wir hören erst noch die Gute-Nacht-Geschichte vom Teddy, der alleine nicht einschlafen kann, baden danach zum Entspannen in Mandelöl und sprechen im Kinderbett noch mit Mama ein Gebet, bis sie dann nach drei Wunschliedern lächelnd das Licht ausknipst.“ So oder ähnlich hatte ich mir früher immer die Abende mit meinem Nachwuchs vorgestellt. Aber so romantisch geht es bei uns nicht zu.

Ich lag in meinem Lesesessel und dachte an die wenigen Versuche zurück, mithilfe eines Bilderbuchs die Schlafphase einzuläuten. Nicht, dass ich erwartet hatte, dass Mini und Maxi dabei gleich neben mir einschlafen würden, weiß Gott nicht. Aber, dass umliegendes Spielzeug viel interessanter sein und zum Streiten Weiterspielen animieren würde, während ich eigentlich nur noch der Sofakante die Geschichte vorlas, das war mir dann doch ein Dorn im Auge. Bzw. auch mal ein Fuß oder Arm, was auch immer beim genauso beliebten Herumhampeln mein Gesicht streifte.

Projekt Buchvorlesen nach dem Zähneputzen liegt seitdem auf Eis. Und da sowohl Baden als auch Fernsehgucken nicht auf unserem täglichen Programm stehen, fielen Schaumbad und Sandmännchen als abendliche Konstante bisher ebenfalls weg. Herrje, was war ich nur für eine Mutter, die gerade mal zwei Minuten am Bett ihrer Kinder einplante, nur, um nach dem Gute-Nacht-Lied quasi fluchtartig das Zimmer zu verlassen!

Denn so fühlt es sich oft genug an. Eine Flucht aus dem Kinderzimmer, stellvertretend für das Weglaufen vor den übermüdeten, ergo quengeligen Kindern und überhaupt vor dem langen, fremdbestimmten Tag, an dem ich mich akribisch mit selbstgebauten Monsterflugzeugen und ausgedachten Quaki-quaki-Geschichten beschäftigen durfte. An dem Action und Lautstärke dominieren und das Abendessen regelmäßig über eine Stunde dauert.

Nach so einem Tag ist bei mir einfach die Luft raus, selbst an guten Tagen, an denen Friede, Freude und versalzener Eierkuchen herrschen. Sobald es in die Abendstunden geht, neigt sich mein Energie-Akku dem Ende entgegen, während der der Kinder proportional steigt. Dann möchte ich nur noch meine Ruhe haben. Feierabend eben. Zumindest so gut das mit zwei Kindern geht. Da kann mir selbst das eine Gute-Nacht-Lied manchmal zu viel sein. Für die leuchtenden Kinderaugen singe ich trotzdem pflichtbewusst einen vom Mond oder den Sternen. Denn eigentlich macht es mir ja genauso viel Spaß. Es ist nur diese Tageszeit…Und dann atme ich tief durch, wenn ich noch ein letztes Mal Richtung Bett gewunken und die Tür hinter mir geschlossen habe.

Nein, dachte ich bei mir, es wäre einfach nicht gut, wenn ich auf Biegen und Brechen ein längeres Abendritual einführen würde, nur um einer Norm zu entsprechen. Mini und Maxi sind zwei kleine Jungs, die prima gut und schnell einschlafen können und die nicht den Eindruck vermitteln, als ob ihnen etwas bei der Abendgestaltung fehlt. Die selten noch einmal aufstehen, weil sie etwas trinken wollen oder Angst im Dunkeln haben. Ein Umstand, der sich meinem Bedürfnis nach Zurückgezogenheit wunderbar anpasst. Würde ich dieses Bedürfnis und somit mich selbst übergehen, täte das Niemandem gut. Eine genervte Mutter, die ihre Kinder schlecht gelaunt ins Bett bringt, wäre die Folge.

Später, sagte ich mir, während ich zielsicher nach Teetasse und Roman griff, später, wenn sie größer sind, werde ich mit Sicherheit noch mehr Abendrituale einführen. Oder vielleicht ersetzen. Wenn das Interesse an Buchinhalten größer ist, als einzelne Seiten raus zu reißen. Wenn sie darauf brennen, dass ich ihnen eine Geschichte von Ritter Maxi und Knappe Mini erfinde. Oder wenn sie mir im Gegenzug zum Einschlafen mal etwas vorsingen. Man wird ja wohl noch träumen dürfen…

Foto mit freundlicher Unterstützung von © Charlesdeluvio, unsplash.com

4 Gedanken zu „La, le, lu, bei uns geht es schnell zur Ruh‘“

  1. Rosalie sagt:

    Ich kann dich gut verstehen. Naja, nicht so ganz. Denn wie du weißt, sind die Kinder ja den ganzen Tag in der Kita und ich bin nicht mit Kinderkram beschäftigt. Abends dann haben wir ca. 4-5 Stunden vom Abholen, bis sie schlafen. Darum fällt es mir leicht, abends noch ewig mit den Damen zu kuscheln. Wären wir den ganzen Tag zusammen, so stelle ich mir vor, würde ich wahrscheinlich noch fertiger sein, als du es hier beschreibst. Und ich würde sicher öfter schreien, genervt sein und wäre auch strenger. Ich frage mich ernsthaft, wie all diese Mütter überhaupt klar kommen und die Tage überstehen, die ihre Kinder nicht ganztags in die Kita bringen. Ich kann mir ehrlich nicht vorstellen, was man da tagein tagaus macht. An en Kitafreien Tagen sind wir ja mindestens 2 Erwachsene. Und wenn ein Kind krank ist, so genieße ich sogar diesen Mama-Tochter-Tag, weil er die absolute Ausnahme ist und ja dann das andere Kind in der Kita ist.
    Mir ist das alles ein echtes Rätsel. Wie genau machst du das also mit nur ein paar Stunden Kindergarten? Würde mich echt interessieren. Wie hält man das denn über Tage am Stück aus, zuhause mit beiden Kindern, allein? Was macht man da und wie bleibt man da ruhig? Ich glaub, ich würd meinen Kinder aus Verzweiflung eine DVD-Sammlung anlegen.

  2. SilkeAusL sagt:

    Hi, vielleicht habt Ihr ja doch ein Abendritual, aber es ist Dir nicht so bewusst?Wenn sie so fix einschlafen, reicht als“Ritual“bestimmt auch: Abendbrot, Zähne putzen, schlafen…!
    Sieben Uhr, ein Traum! Hier: frühestens halb neun, um viertel vor sechs ist meine Nacht spätestens vorbei :-( Zeit für mich?Ja, abends im Bett, dann fehlt halt der Schlaf. Man kann nur eines haben. Aber so lange der Kindergarten auf den Mittagsschlaf besteht, wird das leider auch so weiter gehen…

    Gute Nacht!
    LG Silke

  3. Barbara sagt:

    Liebe Christine,

    ich würde mir an deiner Stelle darüber keine Gedanken machen. Ich denke nämlich auch, dass deine Kinder das „Davor“ und „Drumherum“ (Zähne putzen, Pyjama anziehen, etc.) schon als Ritual sehen.

    Bei uns ist das auch so. Es beginnt mit Pyjama anziehen im Wohnzimmer, dann noch das Abendfläschchen auf der Couch (manchmal begleitend mit Buch anschauen und vorlesen) mit anschließendem Zähne putzen und dann ab ins Bett. Dort wird nur noch einmal über den Kopf gestreichelt und eine gute Nacht gewünscht. Dann verlassen wir das Zimmer und er findet alleine ohne Probleme in den Schlaf. Manchmal hören wir ihn noch was erzählen oder singen übers Babyphone und plötzlich ists dann ruhig und er schläft.

    Ich finde das super und eigentlich recht entspannt. Unser Kleiner ist sowieso ein sehr braver „Schläfer“ (nachts von ca. 20:00 Uhr bis 07:00 Uhr und am Tag auch einmal so ca. 2,5-3 Std. durchgehend). Ich sehe das als gerechten Ausgleich für uns Eltern, da er die restliche Zeit sehr aufgeweckt und fordernd ist.

    Obwohl ich grundsätzlich schon gerne mit ihm kuscheln würde (was er ja partout nicht will), bin ich am Abend froh, dass das Zubettgehen recht schnell abgehandelt ist und ich auch meine Ruhe finden kann.

    Von meinem Onkel musste ich mir sogar einmal anhören, dass ich eine „Rabenmutter“ bin (inwieweit er das im „Spaß“ gesagt hat, oder ernst gemeint hat bin ich mir bis heute nicht sicher…) weil ich abends nicht mit ihm gemeinsam ins Bett gehe und noch mit ihm kuschle etc. bis er einschläft.
    Nur, dass das mit unserem Kind überhaupt nicht funktionieren würde, weil er neben mir nicht einschlafen, sondern nur herumhampeln würde.

    Ich habe kein schlechtes Gewissen, dass das Zubettgehen bei uns so schnell abläuft, nein, ich bin sogar stolz auf meinen Kleinen, dass er so super alleine in den Schlaf findet und keine Ängste oder dergleichen hat.

    Liebe Grüße,
    Barbara

    1. Christine sagt:

      Liebe Barbara,

      auch heute, knapp ein Jahr nach Veröffentlichung dieses Beitrags sieht es bei uns noch genauso aus wie damals.
      Ich empfinde das nicht mehr als Manko, gerade abends bin ich dann ziemlich geschlaucht und bin froh, sobald das Licht in den Kinderzimmern aus ist. Und ich habe auch die Erfahrung gemacht wie du, dass die beiden schnell einschlafen und damit auch keine Probleme haben. Das entlastet zusätzlich.
      Danke für deinen Kommentar!
      Liebe Grüße :)

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