Kennst du den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ mit Bill Murray in der Hauptrolle, in der er als zynischer TV-Wetteransager in einer Zeitschleife festsitzt und ein und denselben Tag immer und immer wieder erlebt? Genauso fühle ich mich derzeit. Nur ohne Murmeltier und mit täglich wechselndem Wetter. Aber ansonsten spielt sich hier immer das gleiche Szenario ab:
Kreischen, Nörgeln, Heulen, Motzen. Meine Kinder haben mit ihren zwei und drei Jahren noch nicht mitbekommen, dass sich die Sonne nicht nur um ihren kleinen Hintern dreht, wissen deshalb von morgens bis abends alles besser und lassen uns das minütlich mitbekommen. Ich weiß, du kennst das bereits. So oft wie ich dir am Ende eines langen Tages mein Leid klage, müsstest du mich und meine Familie schon auf der Straße von weitem erkennen. „Guck mal, da kommt die Bloggerin mit ihren Murmeltier-Kindern“ könntest du dann sagen und schnell hinter der nächsten Hauswand verschwinden, um nicht Zeuge meines nächsten Wutanfalls zu werden.
Ich fühle mich seit einer gefühlten Ewigkeit in solch einer Zeitschleife gefangen, in der ich jeden Tag mit dem gleichen Ohrwurm aufwache, dieselben Menschen treffe und die gleiche Handlung ausführen muss. Nur im Gegensatz zu Bill Murray ist es nicht der Radiowecker mit „I’ve got you babe“, sondern das Gekreische meiner Kinder, das mich aus dem Bett schmeißt und statt einer Wettervorhersage durch eine schnuppernde Fellnase erwartet mich die Tagesbewältigung mit zwei Zwergen, die mal mehr, mal weniger Gift versprühen. Zur Zeit eher mehr. Und abends sitze ich dann völlig erschöpft da, kann als einzige geistreiche Tat eigentlich nur noch die weiße Wand anstarren in dem Wissen, dass morgen alles wieder von vorne losgeht. Murmeltiertag!
„Haben Sie in den Sommerferien eigentlich geschlossen?“ Ich stellte Maxis Erzieherin die Frage so beiläufig wie möglich, um die aufkommende Panik in mir nicht allzu offensichtlich nach Außen zu tragen. Drei Wochen Kindergartenferien wären jetzt das Letzte, was ich bräuchte. „Nein, wir machen in der Einrichtung keinen Urlaub. Ein paar Erzieherinnen sind immer da.“ Puuh, jetzt hörte sie mich wahrscheinlich erleichtert durchatmen. Wir sprachen noch über dies und das, ein höfliches BlaBla, bis irgendwann der Satz fiel, der mich aufhorchen ließ: „Also es gibt ja hier wirklich Eltern, die schicken ihr Kind jeden Tag in die KiTa. Die würden ihren Sohn oder ihre Tochter auch noch Ostern und Weihnachten an den Feiertagen abgeben, wenn es möglich wäre.“ Es war mehr als eine Information, es schwang gehässiges Lästern über „solche Rabeneltern“ zu mir herüber. Mütter und Väter, die ihre Kinder auf die Welt setzten, nur um sie so wenig wie möglich um sich zu haben, was sollte man denn bitte schön davon halten?
Gerne würde ich dir jetzt von meiner Heldentat berichten, dass ich mich breit für diese Eltern eingesetzt und mein vollstes Verständnis geäußert hätte. Aus dem Grund, weil ich genau weiß, dass ich auch zu diesen Eltern gehören würde, wenn ich könnte. Zumindest in der Altersphase, in der meine Kinder sich gerade befinden.
Klar, habe ich mir früher immer vorgestellt, wie schön und vor allem besinnlich es gerade an den Feiertagen zuhause im Kreise der Familie zugehen würde, wenn die Kinder voller Freude Ostereier suchen und anschließend noch bis abends euphorisch durch den Garten springen würden. Wie sie andächtig Weihnachtslieder sängen, danach ihre Geschenke auspackten und bis Neujahr friedlich damit spielten. Dass dem Osterhasen des Bruders direkt der Kopf abgebissen, die Tapete mit Schokoladenhänden verziert, die eigenen Geschenke gerade mal zehn Minuten interessant und die Stimmung dementsprechend nach elf Minuten im Eimer wäre, hätte ich nicht geglaubt, ist aber hier Realität, egal ob Frühling oder Winter.
Und momentan haben wir nicht einmal Ostern oder Weihnachten. Es ist Sommer, mitten im Jahr, und dennoch bin ich täglich einem nervtötenden Murmeltiergehabe ausgesetzt. Nein, ich habe der Erzieherin an jenem Tag nicht gesagt, dass ich auch zu diesen Eltern zählen würde. Vielleicht aus Angst, sie könne gleich mit der nächsten Mutter auch über mich herziehen. Ich habe Maxi bisher jeden Tag, an dem er gesund war, in den Kindergarten geschickt und finde das absolut legitim. Nicht nur, weil ich dafür bezahle, sondern weil ich auch bewusst nach drei Jahren die Möglichkeit der zusätzlichen Fremdbetreuung gewählt habe. Jeden Tag Murmeltiertag von sechs Uhr morgens bis achtzehn Uhr abends halte ich mit Mini und Maxi jedenfalls nicht aus. Und ich wette, wenn Bill Murray unseren Alltag kennen würde, wollte er auf Murmeltier Phil, nervige Mitmenschen, sowie Cher & Sonny mit „I’ve got you babe“ nie mehr verzichten.
Marianne sagt:
Guten Morgen,
irgendwie werde ich zur Zeit immer trauriger, wenn ich deine Beiträge lese. Das hält mich nicht davon ab, bei dir weiter zu lesen, aber lass dich mal lieb drücken.
Du machst das schon gut, so wie du das machst. ;) Wenn Maxi in den Kindergarten geht, damit du in der Zeit nur mit Mini „zu kämpfen“ hast, ist doch vollkommen okay.
Ich kann es übrigens nachempfinden, wie man sich fühlt, wenn man nur angemotzt wird. Ich koche das Lieblingsessen, putze, lese vor, singe, spiele und gehe jeden Tag mit meinem Sohn raus, damit es ihm gut geht. Aber dann gibt es den Moment, an dem ich ohne ersichtlichen Grund angemotzt werde und mich schlagartig abgelehnt fühle. Da werd ich manchmal echt sauer. Und ich finde, dass die Kinder das ruhig mitbekommen dürfen. Immer die geduldige Mama zu sein, kann das wer? Außerdem muss das Kind eine gewisse Reaktion bekommen, egal wie es sich verhält, solange man es damit nicht alleine lässt und darüber spricht. Das fördert m.M.n. auch die Empathie.
Ich schicke meinen Sohn übrigens in die Krippe. Es tut ihm sehr gut und ich kann meistens einen entspannten Nachmittag mit ihm verbringen.
Manchmal ist er aber auch richtig fertig, wenn ich ihn abhole. Dann braucht er seine Ruhe und ich muss ihn in Ruhe lassen. Das musste ich lernen.
Und den Tipp möchte ich gerne an dich weiter geben: Wenn deine Kinder motzen, egal wann!!!, dann geh woanders hin, ignoriere sie oder mach deine Arbeit weiter. Lass sie gehen und versuche nichts zu erzwingen, wenn du was willst. Ich meine nicht die Situationen, in denen du es eilig hast. Es geht um den ganz normalen Alltag. Du darfst ruhig sauer sein, aber irgendwie solltest du zeigen, dass du da nicht mehr mit machst. Meinst du, dass das funktioniert? Oder schätze ich deine Situation falsch ein?
Ich hoffe, dass bei dir langsam etwas Ruhe einkehrt.
LG Marianne
Christine sagt:
Liebe Marianne,
vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, so ausführlich zu antworten. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll ;)
Manchmal schaffe ich es tatsächlich, der Situation absichtlich zu entfliehen und das auch zu sagen, warum ich keine Lust habe, bei dem Gemotze weiterzuspielen oder zuzuhören. Leider motiviert es mich nicht, wenn dann erst recht geschrien wird oder zumindest keine Einsicht/kein Lerneffekt sichtbar ist. Aber vielleicht brauche ich dafür auch noch mehr Geduld und einen längeren Atem…
Danke dir nochmal!
Jeanette sagt:
Ganz genau SO geht es mir auch im Moment. Die Kinder bringen mich dermaßen auf die Palme, dass ich mich im Moment selbst nicht mehr wiedererkenne. Meine beiden Jungs sind vier und (fast) zwei, und hier ist gerade jeden Tag nur Gemotze an der Tagesordnung. Ich freue mich dermaßen auf heute Nachmittag, da nimmt mein Mann die Kinder und ich DARF tapezieren und streichen und währenddessen sogar auch einfach mal eine Pause machen.
Ich finde es toll, dass du hier so ehrlich schreibst und das dein Ventil ist.
Es animiert zum mitmachen und zeigt, dass man nicht alleine ist ;-)! Danke dafür.
Christine sagt:
Liebe Jeanette,
und mich wiederum freut es zu lesen, dass Andere sich in meinen Beiträgen wiederfinden, weil es ihnen ähnlich geht :)
Ich hoffe, das Tapezieren war (inkl. Pausen machen) ein voller Erfolg!
Liebe Grüße
Rosalie sagt:
Also die aussage der Betreuerin finde ich schon schlimm. Dass sie ihre eigene Einrichtung und offenbar ihren eigenen Job als etwas ansieht, wo Kinder verwahrt werden und sie sei die Wärterin… Bei uns sind die Betreuer stolz darauf, dass Eltern ihnen im vollsten Vertrauen ihre 3-monatigen Babys anvertrauen und sie reissen sich um die Jobs in den Babygruppen. Ganz ehrlich, dieser Frau würde ich mein Kind vielleicht auch nicht jeden Tag anvertrauen wollen. Bei uns jedenfalls gibt es nur Vollzeitplätze 5Tage/10Stunden. Die Eltern entscheiden dann selber, wann sie welches Kind für wie lange bringen. Im Moment haben auch viele wieder Babys bekommen und es ist ganz selbstverständlich, dass die Großen ganztags in Kita/Kiga gehen, obwohl Mama mit Baby zuhause ist.
Es ist schon erstaunlich, dass wir den Alltag mit Kinder so ganz unterschiedlich erleben. Ob es daran liegt, dass ich Mädchen habe? Zumindest bin ich froh, dass bei uns kaum Gezanke, kaum Geschrei herrscht, sondern ich echt ‚brave‘ Mädels habe. Es kommt mir oft so einfach vor, selbst im Urlaub. Das ist dir nun kein Trost, ich weiß. Aber jeder hat so seine Probleme…
Christine sagt:
Liebe Rosalie,
das stimmt natürlich, jeder hat mit seinem Nachwuchs seine eigenen Probleme, aber ich freue mich sehr für dich, dass bei euch relativ friedliche Zustände herrschen! Schön auch zu lesen, dass in anderen Kindergärten mit den Betreuungszeiten selbstverständlicher umgegangen wird und die Eltern nicht schief angeguckt werden. Wobei ich mit der Fremdbetreuung meines 3 Monate alten Kindes doch auch so meine Schwierigkeiten hätte. Aber manchmal geht es eben nicht anders und dann finde ich die bedingungslose Unterstützung viel wichtiger, als einen kritischen Spruch in Richtung Rabeneltern.