In meinem Alltag als Mutter komme ich immer wieder mal an meine Grenzen. Das ist in erster Linie nichts Ungewöhnliches und wird mir sicher jede Mutter bestätigen, nicht nur jene, die unter dem Phänomen Regretting Motherhood leiden oder oft gestresst sind im Beisein ihrer Kinder.
Gelassen bleiben, wenn der Sohn den Kakao umgestoßen hat; die Nerven behalten, sobald der Geburtstagskuchen mehr schwarz als lecker aus dem Ofen kommt; keine Selbstzweifel entwickeln, wenn Oma und Opa den Erziehungsstil kritisieren – das sind typische Hürden im Leben einer Mutter, die es zu meistern (oder gekonnt zu umschiffen) gilt.
Heute möchte ich dir 3 Grenzen aufzeigen, an denen ich bislang gnadenlos gescheitert bin, weil die Messlatte für mich persönlich einfach zu hoch liegt und daher (zumindest im Moment) unüberwindbar scheint.
1. Fotos meiner Kinder als Hintergrundbild auf meinem Handy einrichten
Mal ist es der Blick aufs offene Meer, der mich an unser damaliges Leben an der Küste erinnert, ein andermal ein Schnappschuss meiner Katze Elli, wie sie sich auf dem Sofa zusammengerollt hat, aber niemals, niemals ist es ein Foto meiner Kinder, welches als Hintergrundbild auf meinem Smartphone verweilt.
Ich bin froh um jedes Fleckchen in meiner Umgebung, das mich nicht ans Muttersein erinnert, wo ich einfach ich selbst sein kann. Wer meinen Blog und meine Geschichte ein wenig kennt, weiß, wie schwer es mir fällt, beim Anblick meiner Kinder in Entzückung zu geraten. Vielmehr löst dieser in erster Linie Stress bei mir aus, ob ich es will oder nicht.
Ein Bild von meinen Kindern, noch dazu ständig präsent auf meinem Telefon, würde nicht gerade zu einem steten Ruhepuls beitragen.
Genauso wenig zeige ich anderen Menschen stolz (und erst recht nicht ungefragt) die neusten Schnappschüsse von meinen Kindern. Die gibt es tatsächlich, die Schnappschüsse, denn ich fotografiere sehr gerne, auch meine beiden Söhne; nur mit dem plakativen Herumzeigen habe ich so meine Probleme. Auch, weil ich mir denke: „Wen interessiert das denn jetzt, außer die eigenen Eltern?“ Ich meine, ich will doch auch nicht die Kinderfotos anderer Mütter sehen!
Im Ernst! Ich bin immer froh, wenn der Kelch des „Guck mal, das ist aus ihr geworden“ an mir vorübergeht. Hebt euch den Stolz lieber für andere in eurer Umgebung auf, die ehrlich begeistert davon sind oder wenigstens angemessen ehrfürchtig darauf reagieren können!
2. Kindersachen bei eBay versteigern
Ja. Jetzt mal im Ernst: Mal davon abgesehen, dass eBay auch nicht mehr das ist, was es mal war („Was letzte Preis?“), so habe ich es noch nie geschafft, Kinderkleidung secondhand zu verkaufen. Nicht aus Zeitgründen oder technischem Verständnis (bzw. Aufwand, die Sachen erstmal gekonnt in Szene zu setzen, bevor die Fotos hochgeladen werden), sondern schlicht, weil die Klamotten meiner Söhne bereits neugekauft nach drei Tagen tragen aussehen, als ob man sie nicht mal mehr an Bedürftige verschenken könnte. Ungelogen!
Wie praktisch, dachte ich damals, als mein Frauenarzt mir eröffnete, dass das zweite Kind wieder ein Junge wird (vielleicht habe ich darüber auch erst ein paar Tage später nachgedacht, nachdem ich erstmal damit beschäftigt war, die Tränen über die fehlende Tochter zu trocknen). Aber wie auch immer, irgendwann kam der Moment, wo mein Pragmatismus Oberhand gewann: Dann kann der Mini ja die Sachen vom älteren Bruder Maxi tragen und wir müssen nicht ständig alles neu kaufen!
Ganz schlau gedacht.
Leider hatte ich dabei ein klitzekleines, aber bedeutendes Detail übersehen:
Meine Kinder kleckern.
Mit Essen, Filzstiften, Sumpf-Matschepampe oder sonstigem undefinierbaren whatever. Und das nicht nur im Kindergartenalter. Sie schmieren sich sogar dann mit irgendetwas voll, wenn eigentlich kilometerweit nichts Schmieriges in greifbarer Nähe ist.
Ich habe sämtliche Waschmittelmarken durch, aber nichts davon dringt zu unseren Flecken durch. Und ich möchte beim Kochen auch nicht auf rote Soßen sämtlicher Art verzichten, nur weil das Lieblingsessen von Mini und Maxi „Nudeln mit Tomatensauce“ lautet. Inzwischen habe ich immerhin begriffen, dass es nichts mehr bringt, die hübschen, pastellfarbenen oder weißen Shirts mit den niedlichen Prints zu kaufen. Die lasse ich für jene Mütter im Regal, deren Kinder keine Matschepampe kennen und nichts zu essen bekommen.
Ich weiß noch, wie unvorstellbar mir der unausweichliche, nächste Entwicklungsschritt vorkam, meinen Söhnen ab einem gewissen Kindergartenalter das Lätzchen zu entfernen. Die Worte der Erzieherin habe ich heute noch im Ohr: „Die Kinder lernen schnell, wenn sie kein Lätzchen mehr tragen. Dann wird auf einmal auch nicht mehr so gekleckert.“ Ich warte also immer noch darauf, wann meine Kinder merken, dass das letzte Lätzchen schon vor knapp 5 Jahren den Weg in die Tonne gefunden hat (auf eBay wollte es keiner haben, auch nicht für „letzte Preis“).
Aber nicht nur Kleckern und Schmieren hindert mich daran, Sachen secondhand weiterzureichen, sondern auch der Endgegner namens „Instandhaltung“ (bzw. besser gesagt das Gegenteil davon). Egal, ob Kleidung, Schuhe, Regenschirme, Bücher oder Spielsachen: Im Kinder-Universum scheint es nichts zu geben, was unkaputtbar ist. Und wenn doch, wird es so lange durchs Zimmer geworfen bespielt, bis irgendeine entscheidende Mechanik den Geist aufgibt.
Klamotten an den Bruder weiterreichen, Spielsachen auf dem Flohmarkt verkaufen und nebenbei noch ein paar Kröten Schmerzensgeld verdienen? Von diesen Tagträumen habe ich mich längst schon verabschiedet!
Ich staune jedes Mal, wenn ich online oder über Bekannte gebrauchte Sachen von anderen Kindern erstehe und frage mich, wie sie diese Herkulesaufgabe denn bitteschön hinbekommen haben, Flecken zu verhindern (bzw. restlos zu entfernen), Jeans ohne Löcher an den Knien sowie Brettspiele abzugeben, ohne, dass die dazugehörigen Figuren schon lange als verschollen gelten?
3. Veranstalten von Sing- und Klatschspielen
Ene mene Miste, es rappelt in der Kiste, ene mene Meck und die Mutter ist weg. Zumindest nimmt sie ganz schnell Reißaus, wenn es darum geht, mit den Kindern gemeinsam Sing- und Klatschspiele zu machen.
Es ist mir egal, ob dadurch motorische Bewegungsabläufe oder Verknüpfungsprozesse im Gehirn aktiviert werden: Seit jeher weigere ich mich, körperlich und geistig den kindlichen Spielpartner zu mimen und mir im Spielkreis oder vor dem CD-Player rhythmische Ohrwürmer zu verpassen, die man nie wieder rausbekommt.
Dafür gibt es Menschen, die furchtbar gerne mit den Armen fuchteln und „Alle Leut, alle Leut“ durch die Runde winken. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an alle Erzieherinnen und Omas unserer Kinder, dass wenigstens ihr so engagiert die Motorik und den Reifeprozess von Mini und Maxi gefördert habt!
Aber hier bei mir wird höchstens Beifall geklatscht, wenn die entsprechende CD wieder in die Hülle zurückgeschoben wird.
Schlimm genug, dass ich selbst als Kind damals auf Bärenjagd, tipp tapp, tipp tapp, gehen oder drei Chinesen mit dem Kontrabass in allen Vokal- und Geschmacksrichtungen über die Straße helfen musste.
Heute weigere ich mich entschieden.
Sage auf Wiedersehn, denn ich fand’s nicht so schön.
In diesem Sinne.
(Fotos mit freundlicher Unterstützung von Paul Hanaoka, Annie Spratt und Anna Earl)
Julia sagt:
Ich musste innerlich richtig herzlich lachen, als ich deinen Blogbeitrag las. Die mysteriösen unbefleckten Secondhand Klamotten, das Verweigern der Kinderlieder (selbst in Gemeinde graut es mich davor – gut, dass es liebevolle Menschen gibt die Kinderprogramme gestalten xD), das ist zum Schießen und ich fühle deine Worte so sehr, danke für diese Zeilen! :D
Sabine sagt:
Ich musste auch so lachen, geht mir ganz genauso, in allen drei Punkten! Perfekt in Worte gefasst!
Julia sagt:
Zauberschön! Vielen Dank für diesen tollen Blog! Herzliche Umarmung, Julia
Birgit sagt:
Ja, geht mir ganz genauso. Ich frage mich wieso ich eigtl jemals Kinder wollte?!!? Leider muss ich ehrlicherweise feststellen, dass sie mir die meiste Zeit lästig waren/sind oder mich nerven/nervten und meinem Glück im Wege standen/stehen und ich wünschte, es wäre „12 Jahre schpädder“… oder ich würde endlich den verdammten Undo Button finden. Ich habe jahrelang gehofft, dass es besser/schöner/befriedigender wird, aber Pustekuchen. Nein, es war / ist im Grossen und Ganzen kein schönes sondern eher ernüchterndes Erlebnis, das Kinderhaben…..
Anne sagt:
Moin,
mir ging der Gedanke „Ja und? Wo ist das Problem?“ durch den Kopf. Ich würde es nicht als daran scheitern bezeichnen, weil ich keinen Grund sehe, warum man das machen müsste. (Ich hab‘ irgendwann mal akzeptiert, dass ich anders bin als andere und meinen eigenen Weg finden darf, auch wenn 20 Menschen neben mir stehen, die alle das gleiche tun.)
LG Anne
Katharina sagt:
Liebe Christine,
Mir ging es so wie Anne. Ich denke, bei diesen Sachen musst du dir nicht so einen Kopf machen (ich weiß, das ist leichter gesagt als getan 🙈). Ich habe über diese drei Punkte zB noch nie nachgedacht – dass ich das nicht kann oder nicht mag oder dass das bei uns so ist und dass das ein Problem sein könnte. Also: aus meiner Sicht bist du völlig normal 😄
Ella sagt:
Danke für diesen ehrlichen Beitrag, ich habe herzlich gelacht! Den Punkt mit den gebrauchten Sachen unterschreibe ich. Meine 2 Kinder kleckern und patzen auch unsagbar viel, obwohl die 4 und 6 sind. Jegliche Bemühungen dazu scheitern, sodass ich mich schon oft gefragt habe, was wohl mit mir nicht stimmt, dass ich das nicht hinbekomme oder warum meine Kinder aus dem Patzalter einfach nicht rauskommen oder in dem Punkt erziehungsresistent sind. Kinder in tadellosen Gewand, wie frisch aus der H&M Kabine, perfekt frisiert am Spielplatz? Es sind sicher nicht meine. Puzzlespiele, Bausteine verschwinden nach einigen Tagen im Nirvana, Filzstifte trocknen nach einer Woche aus und so weiter. Ich kenne leider auch nur Leute, die in diesen Punkten perfekt sind was einmal mehr dazu führt, dass ich mich als Mama-Alien fühle.
Anna sagt:
Haha, wirklich unterhaltsamer Beitrag! Das mit den Hintergrundfotos auf dem Handy habe ich auch noch nie Verstanden. Dann doch lieber am Arbeitsplatz ein Foto von der Familie