Lebensfragen

Zeit für mich als Mutter – Wieviel davon nutze ich tatsächlich nur für mein Selbst?

„Heute nehme ich mir ganz viel Zeit für mich!“ Mit diesen Worten begrüßte ich heute Morgen meinen Mann und den anstehenden Tag. Es war Sonntag und das bedeutete Papa-Kind-Tag. Ein Tag, an dem ich mich vom Familienprogramm zurückziehen und mich mal nur um mich und meine Befindlichkeiten kümmern dufte, während der Mann Mini und Maxi bespaßte. Herrlich! Gleich nach dem Frühstück konnte es losgehen mit Entspannen. Bis zum späten Vormittag wäre ich also sicherlich so relaxt wie Buddha. Von wegen!

Plötzlich war der halbe Tag schon rum und das Mittagessen stand auf dem Tisch. Wollte ich mir nicht ganz viel Zeit für mich nehmen? Stattdessen hatte ich meine Gedanken zerstreut, hatte im Internet nach Weihnachtsgeschenken für die Kinder (und ganz spontan noch für den Rest der Verwandtschaft) geguckt, hatte immer mal wieder meinen WhatsApp-Account auf neue Nachrichten gecheckt, hatte hier ein bisschen herumgewurschtelt und dort Wäsche sortiert.

Natürlich, auch das muss sein und ich nehme mir auch gerne die Zeit dafür in meiner freien Zeit, wenn ich gerade keine Kinder betreuen muss. Die Frage ist nur: Wieviel Wurschteln, Mails checken und sonstige Arten der Zerstreuung sind zu viel des Guten? Wann entgleitet uns das Bewusstsein für uns selbst? Für das, was uns wirklich gut tut? Denn tiefenentspannt war ich nach all den Aktionen nicht, auch, wenn sie sicherlich sinnvoll und auch spaßig gewesen waren. Aber zu meiner Mitte hatten sie mich nicht geführt. Im Gegenteil.

Zeit für mich – Wieviel davon nutze ich tatsächlich nur für mein Selbst?Wir Mütter sind in unserem Alltag mit Kind dauerhaft Reizen ausgesetzt, die wir nicht immer sofort abschalten können. Das Dauergequengel des armen Babys, das gerade zahnt. Der Zweijährige, der permanent an unserem Pullover zieht, während wir versuchen, dem Handwerker zu erklären, an welcher Stelle die Spülmaschine komische Geräusche macht. Die Tochter, die seit Stunden fröhlich und schief ihr Lieblingslied aus ihrem Zimmer trällert.

Mütter wie ich brauchen viel Zeit für sich, um diese ganzen Eindrücke wieder abzuschütteln und zur Ruhe zu kommen. Das ist wichtig, um auch unseren Kindern eine entspannte Mutter sein zu können. Denn gestresst handeln wir nicht in der besten Version unserer Selbst.

Gestresst maulen wir die Tochter vielleicht an, sie solle endlich aufhören mit dem grauenvollen Gesang, obwohl wir ihr eigentlich nur sagen wollten, dass der Zeitpunkt oder die Lautstärke ungünstig ist. Gestresst schieben wir möglicherweise den Zweijährigen unsanft und genervt von uns, anstatt ihm auf Augenhöhe sanft erklären zu können, dass wir nur kurz mit dem Handwerker sprechen müssen und danach für ihn da sind. Gestresst halten wir nicht eine Sekunde das Dauergequengel des Babys aus und kriegen noch ein schlechtes Gewissen, weil es ja nichts für seine Schmerzen kann.

Zeit für mich – Wieviel davon nutze ich tatsächlich nur für mein Selbst?

Es ist ein gesellschaftliches Problem geworden, dass wir kaum noch in der Lage sind, uns auch mal nur mit uns selbst zu beschäftigen. Ohne Smartphone, ohne Internet und Fernseher, ohne das Telefonat mit der besten Freundin. Wer hält es tatsächlich aus, sich mal nur mit sich selbst zu beschäftigen? Es kann geradezu beängstigend wirken! Zeit nur mit mir alleine verbringen? Wirkt das nicht geradezu einsam? Begegne ich womöglich noch mir selbst, mit all meinen Schwächen und Unzulänglichkeiten? Aber genau dieses Treffen nur mit uns selbst wirklich Gold wert!

Zeit für mich – Wieviel davon nutze ich tatsächlich nur für mein Selbst?Denn nur, wenn wir es schaffen, einmal richtig bei uns selbst anzukommen, können wir auch wieder Kraft für das Leben im Hier und Jetzt schöpfen.

Ich verbringe sehr gerne Zeit nur für mich und nur mit mir selbst. Leider lasse auch ich mich gerne davon ablenken. Dann erscheint die Wäsche in der Maschine gerade wichtiger oder der Blogbeitrag, der unbedingt noch formuliert werden muss. Obwohl ich genau die Unruhe in mir spüre, die mir sagt: „Christine, setz‘ dich jetzt endlich hin, schließe die Augen und meditiere! Oder lies das Gedicht von Rilke und sinniere darüber nach! Oder streiche die kleine Holzbank weiß und gehe anschließend eine Runde um den Block!“ Eben Dinge, die die Seele berühren.

Zeit für mich – Wieviel davon nutze ich tatsächlich nur für mein Selbst?Inzwischen habe ich gelernt, auf diese innere Stimme zu hören, sobald sie sich in meiner freien Zeit Gehör verschafft, während ich wieder dabei bin, mich zu sehr im Außen zu zerstreuen und mich zu verzetteln. Dann suche ich mir etwas, das nur mir gehört, wie z.B. eine kleine Meditation. Meditieren muss dabei nicht zwingend heißen, dass ich im Schneidersitz dasitze und ein Mantra singe (letzteres tue ich tatsächlich nie).

Meditiation kann auch bedeuten, mir jedes Schrittes durch die Wohnung bewusst zu sein, jeden Handgriff langsamer und bewusst auszuführen. Wie fühlt sich der Untergrund an, auf dem ich laufe? Ist er warm oder kalt? Aus welchem Material besteht der Gegenstand, den ich jetzt in die Hand nehme?

Im günstigsten Fall schaffe ich es anschließend, nach meiner Pause, diese Art der achtsamen Wahrnehmung auch mit zu meinen Kindern zu nehmen: „Aha, ich merke, Maxi steht kurz vor seinem nächsten Wutanfall. Was ist eigentlich los? Was bräuchte er jetzt? Kann ich ihm mein Mitgefühl geben und ihn auf meinem Schoß trösten? Wie geht es mir damit? Reicht meine Energie noch, ihm anschließend ein Buch vorzulesen oder brauche ich stattdessen erst einmal eine Tasse Tee für mich?“

Ohne diese achtsame Zeit für mich würde ich wohl in so manchen stressigen Situationen anders reagieren.

Und jetzt klappe ich mein Notebook zu. Ich habe nämlich noch eine Verabredung. Mit meinem Lesesessel, mit Rainer Maria Rilke, einer Tasse Tee und mit mir.

Ich wünsche dir in deiner nächsten freien Mama-Zeit eine ganz besondere Begegnung mit dir selbst!

12 Gedanken zu „Zeit für mich als Mutter – Wieviel davon nutze ich tatsächlich nur für mein Selbst?“

  1. SilkeAusL sagt:

    Liebe Christine, da sagst Du was.
    Statt dieses Wochenende etwas für mich zu tun, habe ich gestern bis abends meinen Abstellraum umgeräumt und aussortiert. Heute wollte ich lange schlafen, aber mein Körper will das wohl nicht mehr. Also habe ich noch etwas gelesen (wenigstens das!)und dann angefangen mit saubermachen. Zwischendurch habe ich versucht, für nächstes Jahr in den Sommerferien eine kleine Wohnung auf Langeoog zu bekommem, kannst Du jetzt schon vergessen :,(
    Ausserdem habe ich eine Bewerbung geschrieben für einen Job ganze 30 km näher ran an zu Hause! Drück mir die Daumen. Achso, und Freitag morgen habe ich meine freie Zeit beim Zahnarzt und beim Einkaufen verbracht, auch schön, oder ;)
    Nach Weihnachtsgeschenken wollte ich auch noch schauen, habe ich aber leider vergessen.

    LG Silke

    1. Christine sagt:

      Hey Silke,

      mensch, bei dir ist ja mal wieder viel los!! :D
      Ich drücke dir ganz fest die Daumen für deine Bewerbung! Hast du schon eine Rückmeldung bekommen?
      Liebe Grüße
      Christine

  2. Miriam sagt:

    Erwischt. Genau das war mein Plan für heute morgen. 3 Stunden Zeit ohne die Kinder. Aber dann war ich einkaufen, habe die Küche gemacht, meine Mutter besucht und jetzt habe ich das Handy in der Hand. Zwar gibt es noch viele Dinge die ich auch noch tun könnte und nicht getan habe, aber jetzt habe ich nur noch 45 Minuten Zeit übrig und habe nicht das Gefühl meinen Plan umgesetzt zu haben…..Mist. Beim nächsten Mal dann aber wirklich. Fragt sich nur wann das sein wird????

    1. Christine sagt:

  3. Lea sagt:

    Hej ho,

    oh ja mensch, das ist echt manchmal doof hier. Gerade wenn man viel Zeit am Stück hat bzw. viele Tage hintereinander. Irgendwas kommt immer zu kurz, inkl. der Dinge, die ich eigentlich für mich tun sollte.

    Liebste Grüße

    Lea

    1. Christine sagt:

      Ja genau, je mehr Zeit man hat, desto schlimmer ist das manchmal :) Nach dem Motto: Bei der vielen Zeit kann ich ja auch noch schnell aufräumen. Und den Dachboden entrümpeln. Und und und…

  4. Agnes sagt:

    Liebe Christine,
    dem ist nichts hinzuzufügen. Wie immer schön und treffend formuliert.
    In diesem Sinne werde ich jetzt noch ein paar Minuten auf der Bank im Wald verbringen und die Stille genießen, bevor ich meine Kinder aus der Kita hole.
    Alles Liebe
    Agnes

    1. Christine sagt:

      Oh da hast du dir aber einen tollen Platz zum Entspannen ausgesucht! Seitdem ich irgendwo gelesen habe, dass Bäume nachweislich unseren Gemütszustand zum Positiven beeinflussen können und ein echter Kraftort sind, bin ich noch lieber in ihrer Nähe als eh schon :)

  5. Katharina sagt:

    Ich stelle mir immer die Frage: wann bin ich endlich Mal fertig. Wann ist alles erledigt, was mich davon abhält endlich Mal zu entspannen? Es muss dort irgendwann einmal alles getan sein….aber das wird es nie. Rationell weiß ich das aber emotional macht mich diese Jagd danach „fertig zu sein“ und endlich Mal Dinge zumachen, die ich machen will, komplett fertig. Wenn ich nur wüsste wie ich das lernen könnte? Dieses Scheissegalgefühl….mein Mann hat es und ich bewundere ihn dafür.

    1. Christine sagt:

      Vielleicht hilft es dir ja, deine Maßstäbe zu ändern und die Messlatte etwas niedriger zu hängen? Suche dir drei Dinge aus, die du am Tag auf jeden Fall erledigt haben willst, aber danach entspannst du! :) Vom Kopf her weißt du ja bereits, dass du eh nicht alles schaffen wirst und immer irgendwo Wäsche, Dreck auf dem Fußboden oder eine unausgeräumte Spülmaschine warten. Verkleinerst du deine Ansprüche, kannst du auch deinem Verstand glaubhaft versichern, dass du dein Tagespensum ja schon erreicht hast. Probier es mal konsequent eine Woche lang aus (ein zusätzlicher Trick für den Kopf, dass du ja theoretisch nach sieben Tagen wieder wechseln kannst) und schau mal, ob es dir hilft. Viel Glück und eine entspannte Zeit :)

  6. Anke sagt:

    Liebe Christine, ich bin so froh, dass es Deinen Blog gibt – manchmal denke ich: Das hätte genau so von mir sein können. Durch Dich und Deine Beiträge hab ich überhaupt erst verstanden, dass ich hochsensibel bin. Seitdem kann ich meine „Überreaktionen“ einordnen. Lange Zeit dachte ich, dass es Depressionen sind – aber wenn ich auf mich achte vor dem Hintergrund der Hochsensibilität, gehts mir recht gut. Leider ist das mit dem „Auf sich achten“ einfach sauschwer im Alltag, finde ich. Heute ist meine Große „krank“ (sie ist glaub ich auch hochsensibel und braucht manchmal einfach einen Tag zu Hause statt den ganzen Tag Schul- und Hobbyprogramm, ihr ist dann schlecht und sie hat Bauchweh). Ausgerechnet heute, wo ich „Zeit für mich“ geplant hatte. Draußen ist ein wunderbarer, kalter, sonniger Spätherbsttag, ich würde gerne stundenlang wandern gehen und meinen Gedanken nachhängen. Jetzt sitze ich im Kinderzimmer mit ihr (sie bleibt nicht gerne allein – mit 10!!), sie hört Bibi und Tina und ich versuche, mich irgendwie mit mir zu beschäftigen, damit ich nicht doch wieder arbeite oder sonst was mache. Also hab ich auf Deiner Seite gestöbert und bin auf diesen Beitrag gestoßen, der mich wieder genau getroffen hat. Gestern und vorgestern hab ich die „Zeit für mich“ immer vor mir her geschoben, weil ich dachte: am Mittwoch hast Du ja Zeit. Pustekuchen! (So könntest Du Deine Seite eigentlich auch nennen: Pustekuchen für Mama :-))) Naja, ich versuche jetzt wieder mal zu planen, wie ich wann in der Woche feste Zeiten für mich einplanen kann (so wie mein Mann, der zwei Mal in der Woche zum Training geht). Ach, manchmal tu ich mir einfach selber furchtbar leid. Auch blöd und nicht gerade zielführend, aber es ist wie es ist… Ich spiel jetzt noch ne Runde Monopoly mit meinem Kind und überlege dann weiter. Vielleicht hast Du ja auch noch einen Tipp für mich, darüber würd ich mich natürlich freuen. Danken nochmal, dass Du diesen Blog machst und so offen und ehrlich mit Dir und allen um Dich rum umgehst. Das tut echt gut. Liebe Grüße, Anke

    1. Christine sagt:

      Liebe Anke,

      ich fühle sehr mit dir! Obwohl meine beiden wirklich sehr selten krank sind, ist jeder Tag mit ihnen daheim überaus kräftezehrend und ich bin abends platt wie eine Flunder (letzte Woche erst wieder, als der Kleine eine Bindehautentzündung hatte).
      Ich kann dir akut nur raten, dir trotzdem heute immer mal wieder Zeit für dich einzuräumen, und wenn es nur 5 Minuten sind! Vielleicht kannst du mit deiner Tochter verabreden, dass du jetzt mal eine Pause brauchst und etwas für dich tun willst, danach aber mit ihr XY spielst und dann so im Wechsel. Auch mein Siebenjähriger (fast 8) kann es noch kaum aushalten, alleine in seinem Zimmer zu spielen oder mich mal fünf Minuten nicht anzusprechen, aber ich finde das trotzdem wichtig zu lernen. Es muss ja nicht gleich eine Stunde am Stück sein.
      Mir hilft es außerdem, wenn ich in meinen Räumlichkeiten sitzen kann (sprich: Wohnzimmer oder Küche) und die Kinder dann dort etwas für sich spielen. Das verträgt meine hochsensible Seele schon deutlich besser, als wenn ich „eingesperrt“ auf dem Kinderzimmerteppich hocken muss.

      Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Kraft! Deine Idee mit Pustekuchen für Mama fand ich übrigens überaus herzig :)
      Liebe Grüße
      Christine

      P.S.: Bei Übelkeit hilft doch auch frische Luft! Wie wäre es, wenn ihr wenigstens eine kleine Runde draußen gemeinsam dreht (auch, wenn das nicht mit alleinigen stundenlangen Wanderungen vergleichbar ist)? Gegen Langeweile hilft meinen Kindern dabei immer ein Auftrag, z.B. Waldschätze als Deko für den Esstisch sammeln. Alles Liebe dir!

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