Als Mutter freut man sich ja immer über pädagogisch wertvollen Input für seine Kinder, und ich im Speziellen gerne in Form von schönen Bilderbüchern. Der Büchermarkt ist mittlerweile so riesig, dass sich an jeder Ecke tolle Kinderbücher nur so tummeln müssen, dachte ich als frischgebackene Mutti vor zwei Jahren und wartete gespannt auf den Tag, an dem sich ein Blick in die Kinderabteilung des Buchladens lohnte. Leider erfolgte die Ernüchterung prompt und mit einer Heftigkeit, die den Bücherwurm in mir schleunigst wieder in seinen Kokon kriechen ließ. Aber der Reihe nach.
Alles fing damit an, dass unsere Söhne ein buntes Bilderbuch mit dem schönen Titel „Meine ersten Tiere“ geschenkt bekamen. Es war ein kartoniertes Buch, mit vielen Tieren abgebildet und ohne Text dargestellt, eben für die Allerkleinsten. Auf dem Klappentext war eine hübsche Beschreibung zu finden à la „Wie macht denn die Kuh? Kinder entdecken die ersten Tiere“ und ich war mit Feuereifer dabei. „Muh“, „Mäh“, „Miau“ und „Wau“ sollte ich doch gerade noch hinbekommen. Da würde Maxi aber gleich staunen, was seine Mutter da plötzlich für Geräusche fabrizieren würde!
Sogleich setzte ich mich mit ihm aufs Sofa und wir beide öffneten in gespannter Erwartung das neue Buch. Es war ein Rotkehlchen zu sehen. „Schau mal Maxi, das ist ein Vogel. Und wie macht der Vogel? Piep piep.“ Auf der nächsten Seite war eine Maus abgebildet. „Hmm. Schau mal Maxi, eine Maus.“ Kurze Überlegungspause meinerseits. „Die macht auch Piep piep.“ Auch wenn Maxi zu dem Zeitpunkt noch nicht viel verstand, war ich mir nicht sicher, ob er insgeheim schon befürchtete, dass jedes Tier vielleicht ähnliche Geräusche machte. Ich blätterte mal vorsichtig weiter.
Auf der nächsten Seite war ein Schmetterling abgebildet, daneben ein Marienkäfer. Und Mama kam ganz schön ins Schwitzen. „Tjaaaa wie machen nur diese Tiere? Schauen wir doch erst einmal weiter.“ Es folgten Spinne, Maulwurf, Raupe, Igel, Fuchs, Fisch und Känguru. Ich war mit meinem Latein inzwischen völlig am Ende und Maxi genauso schlau wie vorher. Irgendwie hatte ich mir unser erstes Tierbuch anders vorgestellt. Hunde, Katzen, meinetwegen noch ein Pferd, irgendein kunstvolles Gewieher hätte ich schon noch herausbekommen, aber wie sollte ich jetzt einen Fisch nachahmen? Blubb blubb? Das Känguru – Hops hops? Aber das traf ja auch nicht den Kern der Sache.
Seitdem ist das bebilderte Exemplar nicht mehr mein Favorit unter den Kinderbüchern, das ich gerne mit meinen Söhnen angucke. Ich habe zwar geahnt, dass ich irgendwann eine Sammlung von Brockhaus, Atlanten und einen geöffneten Tab von Wikipedia immer griffbereit haben müsste, aber dass es schon in so frühen Jahren losgehen würde, ehe die Kinder auch nur ein Wort sprechen und mich mit ihren „Wieso, weshalb, warum“-Fragen löchern können, damit hatte ich nicht gerechnet.
Deswegen stöbere ich jetzt immer gerne etwas länger in der Buchhandlung. Jedes Buch wird genau unter die Lupe genommen, ob es meinen kindgerechten Vorstellungen auch entspricht. Bilderbücher online bestellen kommt für mich nicht in Frage. Nicht, dass ich noch die Katze im Sack kaufe, nur weil der virtuelle Blick ins Buch nur die halbe Wahrheit zeigte. Es ist sicher kein Zufall, dass die besten Bilderbücher von Mamas und Papas erstellt wurden. Vielleicht sollte ich auch einmal unter die Buchautoren gehen?
Wie läuft das beim Bücherangucken bei dir zuhause eigentlich ab? Wie machst du Delfin, Krokodil und Schnecke nach? Kannst du mir ein paar Tierlaute nennen, die ich noch nicht kenne? Oder mich wenigstens beruhigen, dass auch du vor den Lauten der halben Tierwelt kapitulierst? Aber vielleicht sollte ich auch noch ein bisschen warten, bis Mini und Maxi älter geworden sind und ihre eigene Fantasie einbringen können. Auf die Frage, wie der Schmetterling wohl macht, antwortete ein Mädchen seiner Mutter jedenfalls mal mit „Schmetter schmetter“. Vor so viel Kreativität können wir Erwachsenen doch nur unseren Hut ziehen. Alle Aufregung umsonst. Den Brockhaus können wir getrost wieder beiseite legen.