Lebensfragen

Einfach mal nicht „müssen“ müssen

Ich schrecke aus dem Schlaf hoch und bin schlagartig wach. War da nicht gerade ein Geräusch vor der Schlafzimmertür? Das erste Kind ist also wach und ich bin es somit auch. Mein Magen krampft sich zusammen und meinen Herzschlag kann ich förmlich fühlen, so wild hämmert es in meiner Brust. Die Nacht ist vorüber, ein neuer Tag beginnt. Völlig egal, ob es erst fünf Uhr in der Früh ist oder schon kurz vor halb Sieben, wenn der Wecker klingelt. Mit dem ersten leisen Mucks stellt sich mein Gehirn in den aufnahmebereiten Modus und kommt nicht mehr zur Ruhe. Gleich muss ich aufstehen, ab jetzt muss ich Verantwortung übernehmen, von nun an dreht sich wieder das Hamsterrad namens Mutterrolle und ich muss einsteigen. Müssen, müssen, müssen.

Noch unter der Bettdecke das erste Kind nebenan jammern hören müssen. Die Klobrille vorm Draufsetzen nach danebengetropften Pipiflecken der Kinder untersuchen müssen. In Gedanken den Tag durchgehen müssen. Nachdem ich das Duschwasser abgedreht habe den lautstarken Geschwisterstreit aus der Küche mitkriegen müssen.

Am Frühstückstisch ein wildes Durcheinander von Geschmatze, geäußertem Unmut, nicht in den Kindergarten gehen zu wollen und die sich immer wiederholenden, gleichen Fragen aushalten müssen. Feststellen müssen, wie oft Sätze durch ein zwischengerufenes „Mamaaaa?“ nicht zu Ende gesprochen werden können. Heruntergefallene Brotkrümel genauso wie meine strapazierten Nerven noch ehe der Tag richtig angefangen hat, wieder aufsammeln müssen.

Einfach mal nicht "müssen" müssenSeit ich um meine Hochsensibilität weiß, habe ich einen Namen für all das „Müssen“: Fremdbestimmtheit. Sie ist es, die meinen Alltag erschwert, vor allem, seit ich Mutter bin. Ich fühle mich ständig wie unter Strom, weil ich nicht nur die Verantwortung für mich habe, sondern auch noch für zwei Kinder um mich herum.

Jetzt, wo sie mit ihren vier und fünf Jahren noch so klein sind, dass sie ihren Tag nicht selbstständig bestreiten können, erscheint mir der Alltag oft als Gefängnis, selbst, wenn die äußeren Umstände perfekt anmuten: Tagesmutter und Kindergarten für die Jungs, viel Zeit am Wohnort unserer Träume für mich und ein Mann, der mich gut und gerne unterstützt. Das Hamsterrad namens Mutterrolle dreht sich dennoch unablässig.

Die Kinder jetzt in der kalten Jahreszeit täglich an Schal und Mütze erinnern müssen. Zum dreihundertfünfzigsten Mal daran erinnern müssen, dass der Spiegel im Flur nicht beschmiert werden soll. Zum dreihunderteinundfünfzigsten Mal den Spiegel abwischen müssen. Den Sohn ermahnen müssen, den Bruder nicht zu schubsen. Mich daran erinnern müssen, dass heute Montag und Spielzeugtag in Maxis Kindergarten ist. Maxi auch nochmal daran erinnern müssen, dass er sich ein Spielzeug mitnehmen darf.

Einfach mal nicht "müssen" müssenStändig die Uhr im Blick haben müssen, weil der Kindergartenbus für Maxi gleich vorgefahren kommt. Immer wieder aus dem Fenster schauen müssen, ob der Bus schon vorgefahren ist. Schnell noch an den eigenen Schal, die eigene Mütze denken müssen, bevor wir nach einer gefühlten Ewigkeit das Haus verlassen. Den ersten Smalltalk mit dem Fahrer halten müssen: „Moin. Schönes Wochenende gehabt? Gute Fahrt, bist später!“

Als ich selbst noch zur Schule ging, war der schlimmste Tag der Woche für mich der Sonntag. Nicht, weil wir sonntags immer etwas furchtbares oder furchtbar langweiliges gemacht hätten. Aber Sonntag bedeutete für mich ein Rennen gegen die Zeit, ein ständiges Nachrechnen, wieviel freie Zeit mir noch blieb, denn es war ein Tag vor Montag. Der Tag, bevor die neue Schulwoche mit all ihren durchgetakteten Verpflichtungen begann.

Morgens kein Ausschlafen, sondern bereits um kurz vor Acht auf den Unterricht warten, nachmittags Hausaufgaben erledigen und zum Geigenunterricht hetzen. Natürlich nicht jeden Tag und es war mir auch mein liebstes Hobby. Trotzdem liebte ich es schon damals, mir meinen Alltag selbst zu strukturieren. So fiel auch schon mal das Orchester für mich aus, wenn ich das Gefühl hatte, allzu fremdbestimmt zu sein.

Einfach mal nicht "müssen" müssenZurück zum Auto und Mann und Mini zur Arbeit, bzw. zur Tagesmutter bringen müssen. Den zweiten Smalltalk des Tages abhalten müssen. „Hallo, wie geht’s? Ach, ihr wart am Wochenende campen? Wie schön. Dann bis später, tschüss Mini!“ Den Weg nach Hause einschlagen, mich an meinem freien Vormittag erfreuen können und trotzdem entscheiden müssen, was ich in diesen zwei Stunden mache, bevor ich Mini wieder abholen und zum Kindergarten fahren muss.

Den selbst auferlegten Druck aushalten, auf der Stelle entspannen zu müssen. Meine Gedanken dulden müssen, nicht den idealen Weg der Entspannung ausgesucht zu haben. Auf die Uhr schauen müssen, wieviel Zeit noch bleibt, bis ich wieder aufbrechen muss.

Vergangene Woche habe ich in der alten Heimat verbracht. Den Geburtstag unserer Mutter hatten meine Schwester und ich zum Anlass genommen, jeder für sich die lange Fahrt auf uns zu nehmen und ein paar Tage bei ihr zu verbringen. Trotz einiger Momente des Stresses, sei es aufgrund der Geburtstagsvorbereitungen oder einfach, weil es mit drei Frauenzimmern unter einem Dach auch mal drei verschiedene Meinungen gibt, hat mich eines nie gestresst: Die Struktur der einzelnen Tage in der Woche.

Einfach mal nicht "müssen" müssenIch konnte ausschlafen, so lange ich wollte (zumindest in der Theorie; meine innere Uhr weckte mich trotzdem um kurz vor Sechs), ich durfte selbst den Tag für mich gestalten, konnte entscheiden, ob ich lieber mit einkaufen gehen oder eine Runde spazieren gehen wollte, ob ich mich mittags ein halbes Stündchen hinlegen oder lieber am Laptop sitzen und mich endlich mal wieder um meinen Newsletter kümmern mochte (was ich dann tatsächlich auch mal tat!). Kurzum: Ich konnte bis auf wenige Ausnahmen die Woche gestalten wie es mir passte und, das vielleicht wichtigste und entspannendste dabei: Ich musste dabei nicht an die Bedürfnisse zweier kleiner Kinder denken.

Das soll nicht heißen, dass ich grundsätzlich nicht gerne den Bedürfnissen meiner Kinder nachkomme. Im Gegenteil! Nur sind es leider so viele Wünsche, Aktivitäten und Veranstaltungen, dass ich schnell das Gefühl bekomme, immer nur die Bedürfnisse der Anderen, dazu gehören auch meine Kinder, zu erfüllen. Von den zukünftigen Hobbies (Reiten, Fußball, Tanzen oder was auch immer auf mich zukommen mag) und den dazugehörigen Verpflichtungen ganz zu schweigen!

Die Freizeitaktivitäten des Nachmittags planen müssen. Die Einkaufsliste schreiben müssen. Dabei daran denken müssen, dass der Kleine keine Tomaten und der Große keine Bockwürstchen mag. Die Waschmaschine anschmeißen müssen. Schnell noch einen Blick auf den Kalender werfen müssen, feststellen müssen, dass heute in Minis Kindergarten Sport stattfindet und noch in Windeseile die Klamotten hervorsuchen müssen, die Tagesmutter wartet schließlich schon.

Einfach mal nicht "müssen" müssenDen dritten Smalltalk des Tages über mich ergehen lassen müssen. „Hallo, war alles gut? Dann bis morgen, tschüss!“ Den Sohn zum Kindergarten fahren müssen. Den vierten Smalltalk des Tages abhalten müssen. „Hallo, wie geht’s? Mini, bitte zieh‘ dir jetzt deine Jacke aus. Wie schön, es gibt heute Nudeln für die Kinder? Dann bis heute Nachmittag!“

Seitdem ich mir abends regelmäßig Zeit zum Nachsinnen und meditieren nehme, merke ich, wie gut es mir täte, mich nicht als Sklavin meines eigenen Lebens zu fühlen. Ich habe mir mein Leben, so wie es jetzt ist, erschaffen. Ich habe Kinder bekommen, ich wohne an der Küste meiner Träume und ich habe den für mich so ziemlich angenehmsten Tagesablauf, den ich mir wünschen kann.

Mehr Zeit für mich bedeutet nun mal Hin- und Herkutschieren der Kinder von A nach B und ein mehrmaliges Smalltalk-in-Kauf-nehmen-müssen. Und dennoch schaffe ich es noch viel zu selten, mein Denken von Selbstbestimmtheit auch ins Gefühl der Selbstbestimmtheit umzuwandeln.

Einfach mal nicht "müssen" müssenZuhause angekommen vor Erschöpfung und nach dem Wäscheaufhängen erst einmal ein Mittagschläfchen machen müssen. Es aushalten müssen, ständig hochzuschrecken, ob ich schon verschlafen habe, obwohl ich zur Sicherheit zwei Wecker gestellt hatte. Den Rest der Mittagspause in Anspannung verbringen müssen, wie der Nachmittag mit Maxi wohl wird und dass es nicht mehr lange dauert, bis der Kindergartenbus vor der Tür halten wird. Nicht drum herumkommen, den fünften Smalltalk des Tages abhalten zu müssen.

Ein müdes Kind zuhause bespaßen zu müssen. Mir anhören müssen, dass ich grundsätzlich die falsche Nachmittagsbeschäftigung ausgewählt habe. Mich wie eine Rabenmutter fühlen müssen, dass ich es aufgrund meiner Persönlichkeit nicht aushalte, meinen Sohn spontan das Nachmittagsprogramm aussuchen zu lassen. Auf die Uhr gucken und im Blick haben müssen, dass Maxi genug isst und trinkt. Das Kind an die Toilette erinnern müssen, bevor wir das Haus verlassen. Den anschließenden Wutanfall deswegen aushalten müssen. Sohn Mini im Kindergarten abholen und den letzten Smalltalk des Tages bewältigen müssen. Den Mann von der Arbeit abholen und endlich einen Teil der Verantwortung abgeben dürfen.

Dir als aufmerksamer Leserin wird aufgefallen sein, dass dies noch die Darstellung eines harmlosen Tagesablaufs war. Keine nächtlichen, vollgekotzten Betten, keine Arztbesuche und über den Haufen geworfene Tagesstrukturen, keine Elternabende, kein Laternenbasteln mit anderen Eltern im Kindergarten, keine Meinungsverschiedenheit mit der Tagesmutter, keine an den Anforderungen der anderen Eltern orientierten und organisierten Kindergeburtstage, keine stressigen Verwandtenbesuche, keine Dienstreise des Mannes.

Mehr noch: Für Außenstehende mag so ein Tag bei uns auch völlig entspannt wirken: Mutter darf sich nochmal im Bett umdrehen und in Ruhe alleine duschen, während der Mann erst die Kinder und anschließend das Frühstück fertig macht. Dann hat Frau Mama eigentlich bis zum Nachmittag kinderfrei und muss nur mal zwischendurch Taxi spielen.

Einfach mal nicht "müssen" müssenFür mich fühlt es sich anders an. Selbst ein normaler, also relativ ruhiger Tag ist für mein hochsensibles Wesen ein Stressfaktor und der Grund, warum ich so oft die Mutterrolle bereue und mir ein Leben ohne Kind zurückwünsche. Wer als Mama ständig unter Strom steht, denkt auch schon mal an „Regretting Motherhood“.

Aber wäre ein kinderfreies gleichsam ein stressfreies Leben? Nein, sicher nicht. Dann müsste ich den Druck auf der Arbeit spüren oder andere persönliche Gedanken, die ich mir machen würde (z.B., ob ein kinderreiches Leben nicht viel erfüllender sei). Dann würde ich sicherlich auch wieder einmal den Geigenunterricht absagen, wenn ich ihn noch hätte. Denn das ist die Ironie an der ganzen Sache: Es stressen mich auch die Termine, die ich mir selbst auferlegt habe, weil ich ihnen grundsätzlich gerne nachgehe. Ich brauche aber auch bei ihnen das Gefühl, selbst entscheiden zu dürfen, ob ich sie wahrnehmen möchte.

Aber es wäre ein anderes Leben: Es wäre ein Leben, in dem ich nur für mich Verantwortung übernehmen und nicht noch für zwei Kinder mitdenken und -planen müsste. Für mein sensitives Wesen mehr als genug.

Einfach mal nicht "müssen" müssenNicht jeden Tag empfinde ich alle Aktivitäten als Qual. Dann kann ich auch den Fokus besser auf meine freie, als auf die dahinschwindende Zeit alleine, setzen. Oder ich gehe im „Pettersson und Findus“-Vorlesen auf. An manchen Tagen fühle ich mich nicht so sehr dem Hamsterrad der Mutterrolle ausgeliefert. Trotzdem stecke ich drin. Vielleicht besteht die Kunst darin, selbst bestimmen zu können, wie schnell das Rad läuft oder in welche Richtung, selbst, wenn ich ihm nie mehr ganz entkommen werde.

Dann wird aus dem Gefühl des Müssens möglicherweise irgendwann eins des Dürfens. Und fühlt sich das nicht schon gleich befreiender an, auch, wenn die äußeren Umstände immer noch die gleichen sind?

22 Gedanken zu „Einfach mal nicht „müssen“ müssen“

  1. Elle sagt:

    Liebe Christine,

    mal wieder ein Beitrag, der aus meiner Feder hätte stammen können. Früher habe ich gesagt, ich gehe nicht gern arbeiten. Da gucken andere schon schief. Faul ist die! Nein, es ist nicht der Job an sich. Es ist die Fremdbestimmtheit, durch den Job, durch andere Kollegen, den Chef. Nicht die Arbeit.
    Auch was du von Freizeitstress schreibst, trifft auf mich zu. Der Grund, warum ich nur noch mehr ein Hobby habe, was ich im Moment auch nur kläglich ausüben kann.
    Dann aber auch die Erkenntnis, dass es ganz ohne Fremdbestimmtsein nie gehen würde. Auch das habe ich jetzt als Mutter erkannt. Es würde immer etwas geben. Wobei ich zugeben muss: in den vier Wochen Urlaub vor dem Mutterschutz, als es mir körperlich noch gut ging, war ich wohl das happiest girl alive. Ich konnte tun und lassen, was ich wollte und wenn ich den ganzen Tag nichts tat, fanden das alle ok.

    Liebe Grüße Elle

    1. Christine sagt:

      Liebe Elle,

      ja, es ist schade, dass wir immer alle gleich Faulheit vermuten oder Arbeitsunlust, wenn Jemand sagt, er gehe nicht gerne ins Büro. Oftmals fällt es schwer, zu differenzieren. Aber ich verstehe sehr gut, was du meinst!

      Ich stimme dir zu, ganz ohne Fremdbestimmtheit geht es nicht. Aber auch nicht ohne Struktur und Routine. Zumindest geht es mir so. Ich brauche feste Termine und einen festen Ablauf, auch, wenn ich es in dem Moment nicht immer klar erkennen kann…

      Ach ja, Mutterschutz… Lasst uns alle nochmal schwanger sein… Nur für vier Wochen ;-)
      Ganz liebe Grüße zurück!
      Christine

  2. Nova sagt:

    Liebe Christine,

    wieder mal wunderbar ehrlich geschrieben! „Müssen, müssen, müssen“ ist leider auch mein unfreiwilliges Lebensmotto. Ich versuche schon lange meine negative Sichtweise auf dieses „müssen“ in ein „versuche deine Verpflichtungen zu akzeptieren“ umzuwandeln, aber es ist ein langer, mühsamer Prozess und gelingt nur an manchen Tagen. Wenn der Tag für mich fast ausschließlich aus Müssen bestand, lasse ich, sobald meine Tochter abends schläft, gerade alles so liegen wie es ist und mache nur noch, was mir gefällt. Natürlich ist das nur ein Bruchteil von der Zeit, die auch ich zum Akkuaufladen bräuchte, aber diese winzigen Inseln der Selbstbestimmtheit verhindern zumindest ein Vor-die-Hunde-gehen – für’s erste. Ich schicke Dir, liebe Christine, viel Trost und Kraft für alles, was da kommt!

    1. Christine sagt:

      Liebe Nova,

      ich finde es sehr gesund und wertschätzend dir selbst gegenüber, dass du abends dann nicht noch mehr tust als nötig, sondern dir dann Ruhe und Entspannung gönnst – soll der Staub doch sehen, wo er bleibt ;-)
      Mit dem Bruchteil an Zeit, die wir hochsensiblen Mütter bräuchten, weiß ich genau, was du meinst!! Ich habe in „Ein Teelöffel zum Sattwerden“ darüber geschrieben, falls du es mal lesen magst.

      Ich wünsche dir vor allem einen ruhigen Abend und noch viele entspannte Momente nur für dich alleine ♥
      Christine

  3. Kalina sagt:

    Liebe Christine und alle anderen Mamas, seit dem Sommer verfolge ich diesen Blog aufmerksam und finde eure Ehrlichkeit toll, sie berührt mich. Im Sommer war ich für 8 Wochen schwanger, hatte dann allerdings eine Fehlgeburt. Da ich bereits 40 bin und Endometriose habe, ging ich nicht mehr davon aus, dass es überhaupt noch klappen könnte. Ich hatte zwar längere Zeit Kinderwunsch, hatte mich aber damit abgefunden, dass es nicht mehr klappen würde. Ich war von der überraschenden Schwangerschaft „geschockt“ und habe in dieser Zeit begonnen, deinen Blog zu lesen. Es sind genau die Befürchtungen, die ich habe, sollte ich Mutter werden. Auf der einen Seite wünsche ich es mir sehr, Mama zu sein, aber andererseits befürchte ich genau das, was du/ihr so eindringlich schreibt: den Verlust der Selbstbestimmung. Ich bin hin- und hergerissen, soll ich nochmal probieren, schwanger zu werden oder ist die „Gefahr“ zu groß? Ich weiß nicht, ob ich hochsensibel bin, aber ich brauche viel Zeit für mich und auch Ruhe. Vielleicht kann mir jemand als erfahrene Mama einen Rat geben. Was würdet ihr tun, mit eurem Wissen von heute , wenn ihr die Zeit zurückdrehen könntet. Ich danke vielmals für eure Ehrlichkeit. 🌸

    1. Nova sagt:

      Liebe Kalina,

      erstmal von Herzen mein Beileid für Dein Sternenkind. Ich hoffe, Du hast eine Möglichkeit gefunden die Fehlgeburt zu verarbeiten und hast liebe Menschen um Dich herum, die Dir zur Seite stehen!
      Was deine Frage betrifft, kann ich nur sagen: Jeder Mensch und jede Frau verkraftet den Verlust oder den eingeschränkten Verlust ihrer Selbstbestimmung anders. Inwieweit sich die große Verantwortung, die mit Kind(ern) einhergehen auf Dich auswirken, lassen sich schwer prognostizieren, vorallem wie die Praxis verläuft. Versuche doch nochmal genau in Dich hineinzuhorchen und Dich zu fragen, ob ein Kind wirklich Dein inniger Wunsch war und noch immer ist. Wie auch immer deine Antwort ausfällt, ich bin sicher, Du wirst die für dich richtige Entscheidung treffen!
      Alles Liebe für Dich,
      Nova

    2. Angelika sagt:

      Liebe Kalina,
      auch ich lese den Blog seit einigen Monaten mit und finde ihn immer wieder soo treffend für mich als HSP. Ich habe 3 Kinder, sehr eng zusammen (6, 4 und 3 Jahre) und „weiß“ erst seit etwa einem halben Jahr, dass ich hochsensibel bin. Ich denke, ich würde mich trotzdem wieder für Kinder entscheiden, aber ich würde sie früher stundenweise zu einer Tagesmutter oder in eine Krippe geben um Auszeiten für mich zu haben. Ich hatte alle drei Kinder die ersten 3 Jahre zuhause. Erst das dritte habe ich dann für 2 Vormittage in der Woche zu einer Tagesmutter gebracht, da ich psychisch nicht mehr konnte. Ich denke, als HSP muss man nicht auf Kinder „verzichten“, jedoch ist es sehr wichtig, Freiräume für sich zu planen und sich das auch selbst zugestehen. Mit dem Zugestehen habe ich mich eben jahrelang schwer getan.
      Ich wünsche dir alles Gute.
      LG Angelika

      1. Sabrina sagt:

        Liebe Kalina,
        auch von mir mein Beileid zu deinem Verlust. Und ich kann deine widersprüchlichen Gefühle sehr gut nachvollziehen. Ich war mir auch ewig nicht sicher, ob ich ein Kind will. Jetzt habe ich eins und ich denke sehr oft an die Zeit zurück, in der ich „frei“ war. Eine Zeit, in der mein Leben mir gehörte und ich nur Verantwortung für mich selber trug (damit hatte und hätte ich auch heute noch genug zu tun). Viele Mama-Tage sind dunkel, anstrengend, langweilig, seltsam. Manchmal möchte ich am liebsten einfach weglaufen.
        Aber trotzdem liebe ich mein Kind und würde die Zeit nicht zurückdrehen wollen. Mein Leben passiert jetzt und ich glaube daran, dass es richtig war sich trotz aller Probleme für ein Kind zu entscheiden. Denn es ist so wie Christine immer schreibt: Du wünschst dir oft, deine Mutterrolle abzulegen, aber ein Leben ohne dein Kind kannst du dir trotzdem schnell nicht mehr vorstellen. Vielleicht ist es leichter für dich, wenn du diese ganzen Widersprüchlichkeiten, die du jetzt schon spürst und die sich noch verstärken, wenn du Mutter bist, einfach zu akzeptieren lernst. Ich versuche das auch.

        Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft,
        liebe Grüße,
        Sabrina

    3. Christine sagt:

      Liebe Kalina,

      auch, wenn du meinen Mama-Blog bereits seit dem Sommer verfolgst, heiße ich dich noch ganz herzlich hier willkommen! Lieben Dank für dein Vertrauen und deine Offenheit, dass du uns so nah an deiner Geschichte hast teilhaben lassen und ich freue mich sehr für dich, dass du in so kurzer Zeit drei so liebenswürdige Kommentare von anderen Leserinnen erhalten hast! Ich kann ihnen allen nur zustimmen :)

      Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft und für deine ganz persönliche Entscheidung ♥
      Liebe Grüße
      Christine

  4. Ilka sagt:

    Liebe Christine,
    vielen Dank für diesen tollen Bericht! Der hat mir gerade sehr geholfen, nachdem ich heute morgen schon heulend vom Kindergarten zurück gekommen bin. Genau was Du beschreibst, war mir nämlich heute alles zu viel, Kinder anziehen, Sohn überreden dass er in den Kindergarten geht und dann die Stunden, in der die Kleine schläft, auf Knopfdruck entspannen müssen. Gerade jetzt in dieser Jahreszeit würde ich so gerne mal den ganzen Tag faul vor dem Fernseher liegen:-)! An all die anderen lieben Muttis, die hier schreiben, es ist so schade, dass wir uns nicht alle mal zu einem Kaffeeklatsch treffen können.

    Herzliche Grüße,

    Ilka

    1. Christine sagt:

      Liebe Ilka,

      toll, dass mein Beitrag für dich genau zum richtigen Zeitpunkt kam! Heute bin ich froh, dass die Tagesmutter ausnahmsweise außer der Reihe unseren Mini nehmen kann, weil ich gerade etwas angeschlagen bin und den Vormittag dringend zum Erholen brauche. Und trotzdem ist es immer noch ein erholen müssen, damit die „Basisfunktionen“ wieder laufen. Die Zeit zum „extra Rumgammeln“ fehlt also wieder, genauso wie dir die Couch und der Fernseher :-/

      Ein Kaffeeklatsch wäre herrlich, ich schmeiß‘ schon mal die Kaffeemaschine an…

      Liebste Grüße
      Christine

  5. Lydia sagt:

    Achja, ein Kaffeeklatsch wäre toll ..😊😊

    1. Christine sagt:

      Klönschnack würde man hier oben übrigens sagen – niedlich oder? :)

  6. Kalina sagt:

    Ihr Lieben, habt vielen Dank für eure einfühlsamen Antworten und eure Hilfe. Ich habe einen ganz wunderbaren Mann, der mir eine ganz große Hilfe war und ist. Ein Kind zu bekommen oder nicht ist eine Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss. Das kann einem niemand abnehmen. Es ist nur so wahnsinnig schwer, die Konsequenzen abzusehen und für einen selbst die Auswirkungen einzuschätzen. Ich habe das Gefühl, wie ich mich letztlich entscheide, es wird immer eine Entscheidung gegen etwas sein. Positiv könnte man natürlich sagen, eine Entscheidung FÜR etwas. Es ist ja auch lange nicht gesagt, dass es mit einer erneuten Schwangerschaft klappt. Ich werde noch einmal ganz tief in mich hinein horchen und dann eine Entscheidung treffen. Ganz herzliche Grüße, vielen Dank für eure Ehrlichkeit und die allerbesten Wünsche für euch 🌸🌼💟

    1. Jasmin sagt:

      Liebe Kalina,

      ich lese oft Christines Blog, obwohl ich (noch) keine Mutter bin, oder vielleicht gerade deshalb.
      Seit einigen Jahren weiß ich, dass ich hochsensibel bin (und nicht einfach nur seltsam, wie ich mein ganzes Leben davor dachte) und sehr oft einfach Zeit für mich brauche, um Ruhe zu haben und für mich zu sein. Da mir bewusst ist, dass sich mit Kindern alles ändert, ist für mich der Gedanke, ein Kind/Kinder haben zu wollen, sehr sehr schwierig. Ich bin hin und her gerissen, weil ich mir auf der eine Seite denke, dass es auch wunderbare Erlebnisse geben wird, ich aber auf der anderen Seite regelrechte Panik habe, wenn ich daran denke, mein – zumindest in der Freizeit – selbstbestimmtes Leben ‚aufzugeben. Das einzige, was ich ganz klar weiß, ist in dieser Thematik ja nicht auf die jenigen zu hören, die permanent sagen: „Ihr müsst unbedingt Kinder kriegen, sie geben einem so viel.“ Sie leben ihr eigenes Leben und haben von anderen Befindlichkeiten keine Ahnung.

      Wie geht es dir? Wie hast du dich entschieden? Ich hoffe, es geht dir gut –

      liebe Grüße,
      Jasmin

  7. Jenny sagt:

    Liebe Christine, ich verfolge Deinen Blog schon lang .mein Mann ist ebenfalls HS, darum haben wir uns für nur ein Kind entschieden. Die Fürsorge obliegt hauptsächlich mir.ich empfehle dir für Dein gedankliches hamsterrad dringend zwei Bücher. Eckart Tolle : eine neue Welt/ yuval harari: eine kurze Geschichte der Menschheit.diese beiden Bücher verändern die Perspektive nachhaltig .alles gute

    1. Christine sagt:

      Liebe Jenny,

      ich danke dir ganz herzlich für deine lieben Wünsche und die beiden Buchtitel. Von Eckart Tolle habe ich schon gehört; seine Bücher gehen tatsächlich in die Richtung, die mich interessiert. Sicherlich sind sie hilfreich beim Perspektivwechsel, Leben im Hier und Jetzt und positivem Denken :)
      Alles Liebe dir und deiner Familie
      Christine

    1. Christine sagt:

      Gerne :)

  8. Agnes sagt:

    Liebe Christine,
    Wie wunderbar geschrieben, einfach mal nicht „müssen“.
    Soeben teilte mir mein Mann mit, dass ich den Kleinen morgen früher von der Kita holen muss und die Schwiegermama die Große übermorgen nicht von der Kita holen und mit nach Hause nehmen kann.
    Und ich merke schon, wie meine Laune sinkt und mir die Tränen in die Augen schießen.
    Das bedeutet dann noch weniger Zeit für mich, wo es doch sowieso schon nicht viel davon gibt. Und es bedeutet wieder ein bisschen mehr funktionieren müssen.
    Ich empfinde das als ziemlich anstrengend und kann leider die Zeit mit meinen Kindern alleine kaum genießen. Schade, ich wäre gern entspannter!
    Es tröstet mich aber zu wissen, dass ich mit diesen Gefühlen nicht alleine bin.
    Alles Liebe,
    Agnes

    1. Christine sagt:

      Liebe Agnes,

      ich hoffe, du hast den ersten der beiden „gefürchteten“ Tage gut gemeistert und hast heute Abend, wenn die Kinder im Bett sind, Zeit für dich zum Regenerieren!! Ich denke an dich und fühle mit dir ♥
      Viel Kraft für die „zweite Halbzeit“ morgen :)

  9. Agnes sagt:

    Danke :)

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