Lebensfragen

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führen

„Kinder! Kinder! Immer dreht sich alles nur um Kinder!“ Ich schimpfte lautstark vor mich hin und versetzte dem vergessenen Spielzeug vor meinen Füßen wütend einen Tritt. Der Tag war lang gewesen, Mini und Maxi nun endlich im Bett, aber in mir drin tobte noch immer ein Sturm. Eine Mischung aus Frust, Resignation und dem unbändigen Wunsch nach Freiheit. Die Fremdbestimmtheit, der ich Zeit meines Mamaseins ausgeliefert bin, sie brachte mich mal wieder an den Rand des Wahnsinns. Mama hier, Mama da, für die Christine in mir blieb einfach kein Raum. Und das sollte jetzt die nächsten Jahre, womöglich bis zum Auszug der beiden Jungs, so weitergehen? Sollte ich ganz im Nebel meiner Selbst verschwinden, völlig in den Hintergrund gedrängt von dieser Rolle, dieser Last, namens Mutter?

Manchmal möchte das Leben uns etwas mitteilen. Zum Beispiel, wenn wir irgendetwas an unserem Lebensstil korrigieren könnten, weil es uns damit besserginge. Es ist gut, wenn wir dann zuhören, unsere Schlüsse ziehen und etwas verändern. Wenn wir nicht zuhören wollen, oder schlichtweg den Weckruf nicht verstehen, ist das erstmal nicht schlimm. Das Leben ist nämlich hartnäckig. Immer wieder wird es uns Situationen in unserem Alltag bieten, die uns an die Kursänderung erinnern möchten. Zum Schluss wird es das so vehement tun, um endlich gehört zu werden, dass wir vielleicht schon dabei sind, seelische oder körperliche Beschwerden zu empfinden oder an unserem persönlichen Abgrund stehen. Ich stand an meinem persönlichen Abgrund. Ich wollte keine Mutter mehr sein und bekam die düstersten Gedanken, wie ich sie noch aus Zeiten meiner postpartalen Depression kannte.

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führenEs war der Tag, an dem auch der letzte Hoffnungsschimmer verschwand, unseren fünfjährigen Sohn Maxi zeitnah in die Obhut des heilpädagogischen Kindergartens geben zu können. Es war der Tag, an dem ich zum x-ten Mal meine Rolle als Mutter verfluchte und mir wünschte, nie Kinder bekommen zu haben. Ich wollte wieder frei sein. Frei von der Fremdbestimmtheit, frei von der permanenten Verantwortung für zwei kleine Kinder, die zu viel Aufmerksamkeit verlangten.

Manchmal brauche auch ich einen Weckruf. Der Weckruf des Lebens kam diesmal in Form der vielen Absagen und unglücklichen Umstände in Bezug auf die aktuelle Betreuungssituation. Das Telefonat vom neuen Kindergarten, der uns eröffnete, dass unser Maxi nicht pünktlich, wie geplant, ins Kindergartenjahr starten könne, weil noch das OK vom Jugendamt fehle. Die Dame vom Jugendamt, die drei Minuten vor dem vereinbarten Hausbesuch telefonisch mitteilte, sie könne nicht kommen, weil sie kurzfristig erkrankt sei. Der Mann, der nach dem Extraurlaub bzgl. unseres Umzugs mal wieder ins Büro musste.

Ich war mit meinen Nerven völlig am Ende und fragte mich zum wiederholten Male, warum uns vom Leben um alles in der Welt ständig neue Steine in den Weg gelegt wurden, anstatt es uns auch mal leicht zu machen.

Aber je mehr Gedanken ich in diese Richtung hegte, umso mehr erkannte ich, dass ich wieder in depressive Muster zurückfiel. Es war an der Zeit, die Reißleine zu ziehen, wenn ich nicht in der Abwärtsspirale landen wollte.

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führenDer nächste Vormittag, den ich alleine am Deich entlangwandernd verbrachte, war nur der Anfang. Und ich erkannte endlich, was das Leben mir die ganze Zeit, vielleicht sogar die letzten fünf Jahre, seit ich Mutter bin, sagen wollte: „Fang‘ endlich an, dein Leben selbstbestimmt und erfüllt zu leben!“

Bäm! Konnte es wirklich so einfach sein? Wenn ich ehrlich darüber nachdachte, hatte mir das Leben eigentlich schon viel früher Gelegenheiten gegeben, zu dieser Einsicht zu kommen. Nämlich in Form des Gefühls namens Fremdbestimmtheit. Nicht jede Mutter kennt es in dem Ausmaß, nicht Jede fühlt sich davon so bedroht wie ich.

Manche mögen die Fremdbestimmtheit, das permanent nach den Kindern ausgerichtete Leben, als natürlichen Nebeneffekt oder sogar als Bereicherung ihres Mutterseins empfinden.

Bei mir löst allein der Gedanke an dieses Gefühl Beklommenheit und Enge im Brustraum aus und mein Magen krampft sich zusammen.

Kinder zu haben bedeutet, rund um die Uhr Ansprechpartnerin, Versorgerin und Kümmerin zu sein. Je jünger der Nachwuchs, desto häufiger bist du als Bezugsperson gefragt. Vor meiner ersten Geburt habe ich mir das als erfüllenden Zustand vorgestellt. Seit ich Mutter bin, fühlt es sich eher an wie ein Richterspruch: Lebenslänglich. Meine Seele hinter Gittern, während rund um die Uhr Jemand an den Stäben rütteln darf, um auf sich aufmerksam zu machen. Zu selten habe ich meine Ruhe, die für mich das Lebenselixier ist.

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führenUnd jetzt, nach diesem Tag, der alles toppte, der mich bis an den Rand des Nervenzusammenbruchs führte, erkannte ich endlich, wie wichtig es für mich ist, fortan ein selbstbestimmteres Leben zu führen. Die Gitterstäbe kann ich, solange die Kinder noch zuhause wohnen und abhängig von uns Eltern sind, nicht entfernen. Aber ich kann sehr wohl dafür sorgen, dass mein Gefängnis nach meinem Geschmack eingerichtet ist.

Selbstbestimmtheit bedeutet für mich, dass ich das Gefühl haben darf, Herrin meiner Lage zu sein. Selbst wenn sich an den äußeren Umständen nicht gravierend etwas ändert, so lebe ich doch mein Leben. Ich bin nicht ausschließlich der Spiegel meiner Kinder.

Am besten klappt das selbstbestimmte Leben natürlich, wenn ich so viel Zeit wie möglich nur für mich habe. Im Alltag ist das für die meisten Mütter ein schier unmögliches Unterfangen und auch ich habe hier an unserem neuen Wohnort, fernab der unterstützenden Großfamilie, unter der Woche weniger Zeit für mich alleine. Aber auch in Lebenssituationen, in denen Frau wenig Luft und Raum für die eigenen Bedürfnisse hat, ist es möglich, kleinste Rituale der Selbstbestimmung zu pflegen.

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führenIn unserer alten Wohnung hatte ich es mir zur Angewohnheit gemacht, abends, vorm Schlafengehen, noch drei tiefe Atemzüge am offenen Fenster zu nehmen. Die Luft roch dabei zu den unterschiedlichen Jahreszeiten immer anders. Klar im Winter, erdig in den Sommermonaten. Meist schloss ich dabei die Augen und träumte mich auf eine Blumenwiese unter freiem Himmel bei Nacht. Es war ein herrliches Gefühl von Freiheit. Manches Mal meine einzige Freiheit des Tages und deswegen meine Zeit der Selbstbestimmtheit. Hier durfte ich Ich sein, hier störte mich Niemand.

Es war meine Stütze im Mutteralltag und der Anker, mein Ich nicht zu verlieren.

Aber es können auch andere Rituale im Alltag sein, die mich auf mich selbst besinnen lassen, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Die Tasse Ostfriesentee mit viel Milch und Zucker am Frühstückstisch, die ich Schluck für Schluck genieße. Die zehn Minuten unter der Dusche, während der Mann sich um die Kinder kümmert. Die Lieblingsplaylist auf den Ohren, wenn die Kinder im Bett liegen.

Brigitte Küster (ehemals Schorr) schreibt in ihrem Buch „Hochsensible Mütter“ von einer Frau, deren einzige selbstbestimmte Tätigkeit am Tag es war, eine Büroklammer in ihrer Hosentasche von links nach rechts wandern zu lassen. Das war der einzige Moment, den sie als Mutter selbst gestalten konnte. Jedes Mal, wenn sie das Gefühl der Fremdbestimmtheit überkam, steckte sie die Büroklammer in die andere Tasche.

Manchmal helfen selbst solche scheinbar kleinen Dinge beim Überleben im Mutteralltag.

Mehr Selbstbestimmtheit in mein Leben als Mutter zu integrieren, bedeutet für mich aber neuerdings auch, meine Interessen trotz Kindern auszuleben. Das soll nicht heißen, dass ich die Bedürfnisse und Vorlieben meiner Jungs übergehe, allerdings hatte ich Mini und Maxi bislang immer den meisten Raum in meinem Kopf gegönnt. Wäre ich eine Mutter, die Kraft und Energie aus dem Beisammensein mit Kindern zöge, wäre das sicherlich auch eine gute Idee gewesen. Schließlich will eine Mutter, dass die Kinder an erster Stelle kommen und nicht hintenanstehen müssen.

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führenDamals hatte ich nur leider viel zu oft unterschätzt, wie wichtig für mich als hochsensible und unter der Fremdbestimmtheit leidende Mutter es ist, erstmal darauf zu schauen, dass es mir gut geht. Ganz nach dem Motto: „Wenn es der Mutter gut geht, geht es auch den Kindern gut.“ Vielleicht klingt das egoistisch. Wenn ich mir dann aber den Vergleich mit Turbulenzen im Flugzeug vor Augen halte („Immer zuerst selbst die Sauerstoffmaske aufsetzen, sonst ist Niemandem geholfen“), erscheint es mir nicht egoistisch. Im Gegenteil, es klingt gesund und -mal wieder- überlebenswichtig.

Meine Kinder litten (und leiden) jedenfalls genauso an meiner Fremdbestimmtheit wie ich selbst. Solange ich meine eigenen Bedürfnisse nämlich gänzlich in den Hintergrund stelle, bzw. sie sogar verleugne, umso mehr rücken die Kinder in meinen Fokus. Und das ist in meinem Fall sehr ungünstig, weil sie mir permanent Grund zum Nörgeln und Aufregen bieten.

Wie ein Hund, der am Gartenzaun vor lauter Langeweile ahnungslose Spaziergänger anbellt, so knurre ich bei jeder Nichtigkeit Mini und Maxi an. Schließlich ist mein Selbst nicht darauf angelegt, rund um die Uhr Kinderquatsch mit Michael zu spielen.

Wenn du als fremdbestimmte Mutter in Gedanken zu oft bei den Bedürfnissen deiner Kinder steckst, kannst du dich selbst nicht mehr spüren. Und wenn du dich selbst nicht mehr spürst, gehst dein Ich, fernab allen Mutterseins, verloren.

Mehr Selbstbestimmtheit, weniger Fremdbestimmtheit trotz Kinder. Für mich bedeutet das, den Fokus nach fünf Jahren Elternzeit wieder auf andere, auf meine Interessen zu richten und trotzdem für meine Kinder da zu sein. Vielleicht sogar besser als vorher, weil ich ausgeglichener bin. Zumindest erhoffe ich mir das.

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führenNachdem ich also endlich die Botschaft meines Lebens vernommen hatte, setzte ich mich abends sofort ans Notebook und erfüllte mir meinen ersten Traum zur Selbstverwirklichung: Ein gebrauchtes Fahrrad aus der Nachbarschaft, das nicht nur praktischer Weggefährte hier oben im Flachland ist, sondern für mich auch ein Symbol der Freiheit.

Beschwingt von meiner ersten Euphorie, persönliche Interessen in die Tat umzusetzen, machte ich mich anschließend noch daran, mich um meine weitere berufliche Zukunft zu kümmern. Ein Herzensprojekt, das bislang lediglich in meinem Kopf herumspukt, bei dem ich jetzt aber immerhin telefonisch schon einmal erste Schritte vorankam.

Ich kann nur schwer in Worte fassen, welche Energie diese beiden kleinen Prozesse bei mir freisetzten! Zum ersten Mal seit langem fiel es mir plötzlich leichter, freier zu atmen und ein altes, lange nicht dagewesenes Gefühl von innerer Freiheit zu spüren.

„Die äußere Freiheit ist in unserer Gesellschaft unbestritten. Die innere Freiheit liegt in deiner Macht.“

Jana Haas, Buchautorin („Himmlisches Wissen“)

Als Sahnehäubchen erlebte ich einen Tag später, wie schön es sein kann, persönliche Interessen mit den Kindern zu teilen. Vormittags machte ich (jeweils einzeln nacheinander) mit beiden eine kleine Fahrradtour um den neuen Häuserblock und am Nachmittag wanderten wir drei spontan durchs Watt, um das Meer zu suchen.

Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führenIch weiß, wie selten solche gemeinsamen Aktivitäten sowohl den Kindern als auch mir durchweg Freude bereiten. Meistens nörgelt immer einer, manchmal auch wir alle drei. Zu hoch sind noch meine Erwartungen an einen perfekten Ausflug oder an ein sinnerfülltes Beisammensein.

So richtig wohl fühle ich mich halt doch nur, wenn ich meine Hobbies und Interessen alleine pflege. Aber es ist ein Anfang! Es ist ein Kompromiss zwischen meinen Bedürfnissen und denen der Kinder.

Selbstbestimmtheit. Ab sofort werde ich ihr mehr Raum in meinem Leben geben. Und wenn es an manchen Tagen eben nur bedeutet, mich auf drei tiefe Atemzüge am Abend zu beschränken. Das Muttersein, es fühlt sich oft genug an wie ein Gefängnis. Wahrscheinlich geht es vor allem um meine innere Einstellung, wie ich mich darin aufhalte: Aufrecht sitzend und mir immer noch meiner Flügel bewusst.

Irgendwann werde ich wieder draußen fliegen können.

22 Gedanken zu „Im Gefängnis namens Muttersein dennoch ein selbstbestimmtes Leben führen“

  1. SilkeAusL sagt:

    „Manche mögen die Fremdbestimmtheit, das permanent nach den Kindern ausgerichtete Leben, als natürlichen Nebeneffekt oder sogar als Bereicherung ihres Mutterseins empfinden.

    Bei mir löst allein der Gedanke an dieses Gefühl Beklommenheit und Enge im Brustraum aus und mein Magen krampft sich zusammen.“

    Meine Gedanken im Moment.
    Ich fühle mich immer wie eingesperrt in einer Box.
    Gepresst in ein Leben, das ich nicht führen will.
    Bedrängt von allen Seiten mit „Du musst doch“.
    Verständnislosigkeit von allen Seiten, wie es ist, zerrissen zu werden. Beim Pendeln zwischen Arbeit und Kindern.

    Zu Hause herrscht das totale Chaos, vorne räume ich seit 2 Tagen auf, hinten kramen die Kinder wieder alles aus den Ecken. Ich drehe mich nur noch im Kreis.
    Dann werden einem auch noch die freien Wochenenden genommen, wo die Kids eigentlich beim Vater wären. („Nee, ich bin dieses Wochenende nicht da, das war doch abgesprochen!“ – das WOLLTE er wohl absprechen, hat es aber wohl versäumt…Er nehme sie dann dieses Wochenende. Aber Samstag Nachmittag/Abend müsse er dann noch bei Bekannten grillen. Er hole sie dann danach…Ja nee, bestimmt NICHT!)

    Aaaber. Jetzt habe ich ja 2 Wochen kinderfrei. Und habe etwas Angst.
    Was mache ich? Wird mir die Decke auf den Kopf fallen? Wird es so werden wie an meinen freien Wochenden, wo ich, statt zu mir zu finden entweder nur aufräume und putze(nicht, dass es wie oben erwähnt nicht nötig wäre), oder, da ich ja nicht dringend nach Hause muss die Kinder abholen, viel länger bei der Arbeit bleibe(nicht, dass es dort aufgrund Urlaub von der Kollegin auch nicht vorkommen könnte)….
    Kann ja auch nicht alles Sinn der Sache sein.
    Aber ist man ja so jetzt seit 6 Jahren gewohnt…

    Ja, man könnte sagen „Mimimimimi….“.
    Aber ich hab im Moment meine Kräfte beim letzten Wäsche machen irgendwo im Keller vergessen. Oder an der Nordsee. Und DA hole ich sie mir übernächste Woche wieder.

    Wäre total cool, wenn ich Dich/Euch da besuchen dürfte. Wenn nicht, ist auch ok.

    Bis dann
    Gruß Silke

    1. Christine sagt:

      Hallo Silke,

      ich wünsche dir sehr, dass du deinen anstehenden Urlaub zum Krafttanken und Nerveneinsammeln nutzen kannst! Selbst, wenn du mal zwei Überstunden oder die Wäsche machen musst (was ja manchmal auch total entspannend sein kann ohne Kinder und nicht den Hausarbeitscharakter hat, zumindest mir geht es oft so).

      Deine Idee mit dem Treffen finde ich ganz toll! Wäre schön, wenn wir das hinbekämen. Wir schreiben per Mail nochmal wegen den Details, ja?

      Liebe Grüße
      Christine

    2. Eva sagt:

      Ich bin dankbar für diese Worte . So fühle ich auch .

      1. Christine sagt:

        Lieben Dank ♡ Ich wünsche dir viel Kraft!

  2. Calliope sagt:

    Ich freue mich über deinen neuen Energieschub. Dranbleiben! Ich erkenne das oft im Alltag, dass man Muster nur allzu gerne beibehält, auch wenn sie einen fertig machen. Für ein besseres Gefühl der Beeinflussbarkeit des eigenen Lebens nutze ich an guten Tagen die gleichen „Tricks“, die ich für meine autonomiebedürftigen Kinder habe: ob man sich anzieht oder nicht, ist nicht verhandelbar, allerdings, ob das T-Shirt rot oder blau sein soll. Das hilft manchmal (Wege oder Transportmittel selbst auswählen, wenn man die Kinder holen muss, Reihenfolgen bestimmen, etc.). Nein, das ist keine perfekte Selbstbestimmung (bei weitem nicht), aber es vergrößert den gefühlten Spielraum. So ähnlich wie Goldstaub im Sand suchen. Man findet etwas Gold, wenn man für sich selbst zumindest so viel Energie reservieren kann, dass man rechts und links schaut. Ich wünsche dir ein erfolgreiches Goldschürfen! 😊

    1. Christine sagt:

      Liebe Calliope,

      das hast du sehr schön formuliert, ich danke dir herzlich für diese „Spielraum-Vergrößerung“!! Das sind genau die kleinen Änderungen im Blickwinkel, die ich gerade brauche. Lieben Dank und viele Grüße
      Christine

  3. Mama mal 3 sagt:

    Huhu! Schön, per Zufall hierher gefunden zu haben. Ich habe mich so wieder erkannt in Deinen Schilderungen.
    Leider plagt mich aber ständig das schlechte Gewissen weil ich mich im Alltag gefühlt zu sehr abschotte von den Kindern und vom Mann. Aber ich bin auch ein Mensch, der sehr viel Zeit für sich und seinen Kram braucht. Das ist manchmal gar nicht so einfach…

    1. Christine sagt:

      Liebe Mama mal 3,

      sei herzlich willkommen, schön, dass dich der Zufall auf meinen Mama-Blog gelotst hat :)
      Dieses schlechte Gewissen kenne ich nur zu gut, auch ich schotte mich in jeder kleinen Lücke ab, die ich finde. Auch, wenn der Mann die Kinder dann gerne übernimmt, bleibt oft der Gedanke, dass ich mehr und näher dran sein müsste. Ich werde bald darüber bloggen, warum es für uns hochsensible Mütter so schwer ist, sich Zeit für sich zu nehmen.

      Liebe Grüße und danke für deinen Kommentar!
      Christine

  4. Ani sagt:

    Du sprichst mir aus der Seele!
    Lange Zeit dachte ich, ich wäre keine gute Mutter weil ich dieses Gefühl der Fremdbestimmung nicht gut ertragen kann…meine innere Einstellung zu ändern hilft mir sehr und es ist schön zu sehen, dass man mit solchen Gefühlen nicht alleine ist :)
    Liebste Grüße
    Ani

    1. Christine sagt:

      Liebe Ani,

      nein, du bist nicht alleine :)
      Es freut mich sehr, dass du dich in meinem Text so gut wiederfinden konntest.
      Nimm‘ dir doch noch ein paar von den Schokokeksen aus meiner Küche und gönne dir ein paar Minuten nur für dich :)
      Alles Liebe
      Christine

  5. Eva sagt:

    Es tut so gut zu wissen, dass ich nicht allein bin. Mein Mann stellt mich dar wie ein Monster. Weil seit der Geburt zweier wundervoller Töchter alle Beachtung und Aufmerksamkeit – alle Liebe auf sie fällt. Und ich darf funktinieren und sie groß ziehen.
    Zeit für mich, Anerkennung aber auch = 0
    Das brennt aus .

    1. Christine sagt:

      Liebe Eva,

      die Situation, in der du dich gerade befindest, klingt wirklich trostlos. Es muss sich schlimm anfühlen, plötzlich keine Aufmerksamkeit und Liebe mehr von dem Mann zu bekommen, den man vorher alleine für sich hatte und dessen Erwartungen eines funktionierenden Familienlebens so mit den eigenen Vorstellungen auseinanderdriften. Dass da die Energie zum Großziehen ständig aufgebraucht ist, wenn du keine Zeit zum Akkus aufladen hast, ist absolut verständlich. Ich wünsche dir (auch für deine Ehe und deine Töchter), dass du bald wieder mehr Unterstützung erhältst – sowohl physisch als auch psychisch!

      Alles Liebe dir ♡
      Christine

    2. Sonni sagt:

      Liebe Eva,

      das, genau das, habe ich in meiner Ehe auch erlebt. Seit unsere Prinzessin (5) auf der Welt ist, kann ich Liebesbekundungen meines Mannes wie Küsse, liebevolle Blicke in meine Richtung usw, an einer Hand abzählen.
      Unsere Kleine ist der Mittelpunkt unseres Familienlebens, manchmal denke ich, er brauchte mich nur um ein Kind zu haben :(

      Ich wünsche Dir viel Kraft und schicke Dir viel Liebe, denn die hast Du verdient!
      Liebe Grüße

  6. Birgit sagt:

    Ha ha, das ist lustig: „Ich möchte mir mein Gefängnis wenigstens nach meinem Geschmack einrichten!“ Genau das trifft es ziemlich genau. Leider ist es ein Gefängnis, diese schwere Verantwortung für die Kinder, die man trägt. Eine Last, die man nicht ablegen darf / kann. Ich bin ja der Meinung, dass zum Kindermachen Mutter UND Vater beteiligt waren. D.h. im Umkehrschluss, dass der Vater zu mind. 50% sich an dem Ganzen beteiligen sollte. Tut er es nicht, wird automatisch die Mutter mehr belastet. Und das kann wirklich kein Mensch stemmen, weder die tollste Supermami schafft dieses unermüdliche sich Kümmern und eigene Bedürfnisse hintenanstellen. Oder es geht mehr schlecht als recht und alle leiden darunter: die Mutter UND die Kinder leiden. Deshalb muss man den Vater der Kinder durch Erziehungsmassnahmen zwingen, sich an der Erziehung etc. zu 50% zu beteiligen. Das ist es natürlich von Vorteil, wenn er schon seit frühester Zeit eine Bindung zu den Kindern aufgebaut hat; dann ist es nicht mehr so schwer für ihn, sich ebenfalls aufzuopfern.

    Ich habe meine Kinder nur jede 2. Woche und das ist meine „Kinderwoche“. In dieser Woche bin ich für die Kinder da und stelle meine Bedürfnisse teilweise hintenan. In der anderen Woche sind die Kinder beim Papa und ich habe „kinderfrei“ und bin hauptsächlich für mich selbst da; für meine Gedanken und Träume und meine Projekte und Hobbies. Ohne diese kinderfreie Woche würde ich früher oder später in einem Depressionssumpf versinken; meine Lebensfreude wäre dahin und meine Kinder würde unter mir leiden…
    So jedoch wie wir es glücklicherweise eingerichtet haben, bin ich eine bessere Mutter und kann teilweise auch sehr schöne Zeit mit meinen Kindern erleben eben weil ich sie nicht ständig „ertragen“ muss…
    Klar es gibt die Supermamis, die ständig ihre Kinder um sich haben wollen und gluckenmässig an ihnen kleben; nicht loslassen können. Zu dieser Sorte Mutter gehöre ich definitiv nicht. Ich brauche Freiheit von meinem Kindern und ebenso brauchen meine Kinder Freiheit und Raum frei von mir.

    1. Christine sagt:

      Liebe Birgit,

      ich danke dir ganz herzlich, dass du so offen und ehrlich über deine Situation sprechen kannst! Die Lösung, die ihr gefunden habt, dass jeder von euch eine Woche die Kinder hat, klingt nach der idealen Lösung für euch!
      Viele Grüße
      Christine

  7. Anna sagt:

    Liebe Christine,

    Ich habe viel gezweifelt an mir selbst, als Mutter und als Mensch.
    Ich glaube oder dachte zu glaube ich bin einfach keine „geborene Mutter“ mich nervt es zu Hause mit meinen Kindern zu sein. Immer alles weg zu putzen/räumen. Ich habe Angst mein Leben zu verpassen. Meine Träume zu reisen nicht verwirklichen zu können. Ich fühle mich wie in einem Gefängnis, eingesperrt bis die Kinder mind. 18 sind. Ich will perfekt sein und scheitere an meinen Kinder und ich glaube sie hätten eine bessere Mama verdient.

    Ich bin durch Zufall auf deinen Blog gestoßen und werde mir jetzt alles durchlesen.

    Vielen Dank

    1. Christine sagt:

      Liebe Anna,

      vielen Dank für deine ehrlichen Worte! Ich wünsche dir immer wieder eine offene Tür in deinem persönlichen Gefängnis und das Gefühl, nicht alleine zu sein.

      Alles Liebe dir (und toi, toi, toi, wenn du dir wirklich alles durchlesen willst ;-))!
      Christine

  8. TwinMom80 sagt:

    Vielen Dank für diesen tollen Blog – ich erkenne mich in vielen deiner Beiträge wieder und bin so froh, dass es nicht nur mir so geht. Ich komme mir nämlich auch manchmal vor wie eine schlimme Rabenmutter, weil ich einfach nicht dieses Supermami-Gen habe und leider oft gestresst und genervt bin, obwohl ich es eigentlich nicht sein möchte…
    Dass es für dieses Hochsensibel-Sein auch endlich ein „Wort“ gibt, war auch eine sehr wichtige Erkenntnis für mich, ich dachte immer, ich wäre halt einfach etwas anders als andere, aber konnte es nicht richtig „greifen“. Es tut mir einfach gut zu wissen, dass es noch andere Menschen gibt, denen es ebenfalls so geht
    Liebe Grüße

  9. Enni sagt:

    Ich habe ja schon einiges über regretting motherhood gelesen, aber noch nie musste ich so weinen, weil du alles auf den Punkt getroffen hast! Danke für deine Worte! Jetzt fühle ich mich nicht mehr total krank… dieses Gefängnis (und ich nenne es immer Wohnzimmergefängnis) engt mich so sehr ein, dass ich schon Angst hatte, es stellt irgendwas mit mir an.

    1. Christine sagt:

      Liebe Enni,

      es freut mich zu hören, dass du dich durch meine Worte nicht mehr so alleine mit deinen Gefühlen fühlst.
      Ganz vorsichtig und wohlwollend möchte ich dir dennoch sagen (ohne dir Angst machen zu wollen!), dass es dir auf Dauer nicht guttut, wenn das Gefühl der starken Beengtheit nicht nachlässt – denn dann stellt dein Wohnzimmergefängnis vielleicht doch etwas mit dir an. Ich habe inzwischen für mich herausgefunden, dass es Dinge in meiner Kindheit gab (z.B. zu viel Verantwortung, die ich an falscher Stelle übernehmen musste, die fehlende Zuneigung meiner Eltern usw.), die Spuren bei mir hinterlassen haben und mich heute in meinem Muttersein blockieren, die mich in Panik geraten oder überreagieren lassen an Stellen, die andere Mütter lediglich herausfordern oder sogar gar nicht berühren. Sich einzugestehen, dass die eigene Kindheit nicht so toll war, wie man immer gehofft hatte, ist schon ein wirklich schwerer und schmerzhafter Schritt. Sich anschließend Hilfe einzugestehen und auch noch zu suchen, ist nochmal eine Hausnummer größer. Aber es ist das beste, was du für dich selbst tun kannst!

      Gerade bei Müttern, die nicht nur Schwierigkeiten mit ihrer Mutterrolle haben, sondern deren Leben sich nur noch wie ein Gefängnis anfühlt, besteht häufig eine Verbindung zur eigenen (angeknacksten) Eltern-Tochter-Beziehung (zumindest was die Kindheit betrifft!).

      Ich wünsche dir sehr, dass du gut auf dich aufpasst, damit sich deine Angst nicht bewahrheitet.
      Wenn du Hilfe bei der Suche nach Anlaufstellen benötigst oder einfach mal ausführlich Ballast abwerfen möchtest, darfst du mir auch gerne persönlich eine Mail schicken!

      Viele Grüße
      Christine

  10. Anita sagt:

    Danke für den Beitrag. Ich fühle mich so, als wenn mein Kopf in einem Schraubstock steckt und dieser immer mehr zugedreht wird. Der Druck an der Stirn kann ich nahezu direkt spüren. Du kommst aber nicht raus…weil du bist ja Mama

  11. Amelie sagt:

    Danke für diesen ehrlichen Beitrag. Ich habe tatsächlich noch nie einen Text gelesen, bei dem ich mich so verstanden gefühlt habe. Die Worte könnten von mir stammen und dennoch konnte ich sie bisher nie so in Worte fassen. Ich bin berührt, weil ich mich so verstanden fühle und merke, dass ich damit nicht allein bin. Ich bin echt gern Mama, aber mir fehlt die Zeit für mich, die ich doch so sehr brauche. Und vor allem die Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit zu machen, was ich brauche und wie und wann ich es brauche. Wie kommt man aus diesem Dilemma raus? Ich nehme mich auch oft raus, wenn es geht, bin passiv, dabei will ich doch dabei sein. Es ist ein ewiger Zwiespalt… Danke auf jeden Fall fürs Teilen und für Deine ermutigenden Worte! Alles Liebe weiterhin!

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