Gesellschaft

Wenn Fremde meine Kinder anfassen: Wir sind doch kein Streichelzoo!

Spaziergänge mit unseren Kindern sind wie ein Überraschungsei – man weiß nie, was kommt. Das liegt zum Einen an unserem neugierigen Sohn Maxi (wie weit muss ich mein Bein in die Pfütze stecken, bis ich auf den Grund treffe?), zum Anderen an wildfremden Spaziergängern, die wie aus dem Nichts aufzutauchen scheinen und es nicht bei einem „Guten Tag“, nettem Lächeln und Vorbeigehen belassen können.

Kinder scheinen ein Magnet für (besonders oft zutreffend) ältere Damen oder zumindest überdurchschnittlich kontaktfreudige Personen zu sein. Das mussten wir in den letzten zwei Jahren des Öfteren erleben und das ist nicht immer so lustig, wie man meinen könnte. Ich will dir gerne ein, zwei Situationen schildern, damit du dir ein Bild machen kannst, was ich meine:

Situation 1
Mama, alleine beim Spazierengehen mit Mini im Tragetuch und Maxi im Buggy. Es kommt uns ein älteres Ehepaar entgegen, die Frau macht schon einen sichtlich interessierten Eindruck auf mich. Beide bleiben stehen.

Dame: „Guten Tag, ach wie süß die Beiden doch sind!“ Und schwupps, tritt sie dicht an mich heran und streichelt Mini’s Füßchen, das aus dem Tragetuch herausragt.

Situation 2
Toilettenwaschraum einer deutschen Autobahnraststätte. Ich warte mit Mini auf dem Arm auf meine Bekannte. Wieder eine ältere Dame, die um die Ecke biegt.

Dame: „Ja haaaalllloooo Schätzchen, du bist ja ein süßer Junge!“ Und sofort streckt sie die Hand nach dem Gesicht meines Jüngsten aus.

Situation 3
Familienausflug am Sonntag Nachmittag in den örtlichen Wald, Mini wird von mir im Buggy geschoben, sein Papa schiebt Maxi’s Buggy, in dem gähnende Leere herrscht, denn Maxi rennt ein Stück voraus. Eine ältere Dame kommt uns entgegen, sieht Maxi in ihre Richtung laufen und streckt dann ihre Hände breit aus, dass er in ihre Arme laufen könnte.
Mir bleibt so der Mund offen stehen, dass ich gar nichts sagen kann. Aber stolze Mutter bin ich, als mein Sohn von alleine auf die Idee kommt, dass er diese Frau nicht kennt und nach einem skeptischen Blick einen großen Bogen um sie macht.

Du kannst mich für eine wilde Löwenmama oder für übervorsichtig halten. Ich nenne es grenzverteidigend und wachsam. Ich halte nichts davon, wenn wildfremde Menschen (dazu zählen für mich auch Nachbarn oder Bekannte, mit denen man kaum was zu tun hat) ohne zu fragen meine Kinder anfassen. Ich weiß nicht, was das für ein Reflex ist, aber er wird vornehmlich bei Kindern oder Tieren ausgeführt.

„Ach das schadet denen doch nicht“, war einmal die Antwort auf unsere Bitte, Maxi nicht anzufassen. Sicherlich wird mein Kind nicht davon sterben, aber ich möchte ihm schon früh vermitteln, dass es persönliche Grenzen gibt, die Niemand überschreiten darf, wenn mein Sohn das nicht möchte. Und Kinder können Abgrenzung und ein starkes Selbstbewusstsein meiner Meinung nach nur bei sich entwickeln, wenn man es Ihnen auch vorlebt und ihnen ihre Grenzen zugesteht.

Natürlich weiß ich nicht, ob Mini oder Maxi eine Berührung am Fuß gutheißen oder nicht, aber sie sind auch noch zu klein, um es selbst zu sagen. Solange verteidige ich ihr persönliches „Hoheitsgebiet“. Warum sollten Kinder keine Grenzen haben? Warum fordert man kleine Kinder dazu auf, (wenn auch vielleicht nicht aus böser Absicht), mit fremden Menschen einfach mitzugehen (ja, die Situation hatten wir auch schon) oder in deren Arme zu laufen, nur weil die eigenen Bedürfnisse gerade in den Vordergrund gestellt werden?

Wenn du zufällig auch zu den leidgeplagten Müttern zählst, die in solchen Momenten nicht wissen, was sie sagen sollen, vielleicht auch, weil du den Betroffenen nicht vor den Kopf stoßen willst, obwohl es dich stört, dann kann ich dir folgenden Satz empfehlen, der in Situation 1 und 2 übrigens hervorragende Resultate erzielt hat:
„Bitte nicht anfassen, das möchte ich nicht.“ Du kannst auch noch als Erklärung hinzufügen „Mein Kind kennt Sie noch nicht und es kann noch nicht selbst entscheiden, ob es das möchte oder nicht.“ Wenn du dabei nett lächelst, wird es dir hoffentlich keine streichelfreudige Dame der Welt übel nehmen.

In besagten beiden Fällen habe ich plötzlich Verständnis und ein „Ach Sie haben ja Recht, entschuldigen Sie bitte“ geerntet. Ich glaube, die Meisten wissen gar nicht, dass es Mütter stören könnte, die meinen es nur gut und erfreuen sich am süßen Kind. Vielleicht denken „meine“ Damen aus den Beispielen oben ja beim nächsten Mal an mich und meine Söhne, wenn sie wieder einer Mutter mit süßen Kindern begegnen. Man kann ja trotzdem nett ins Gespräch kommen. Und vielleicht erlaubt die Mama dann auch ein Streicheln des Füßchens. Vorausgesetzt es wird vorher gefragt. Zumindest bei mir müssen sie es.

2 Gedanken zu „Wenn Fremde meine Kinder anfassen: Wir sind doch kein Streichelzoo!“

  1. Daniela sagt:

    Das hast du ja schön diplomatisch gelöst…
    Ich sage mittlerweile jedesmal nur noch „Vorsicht, sie beißt!“ Meistens sind die älteren Damen so schockiert, dass ich genügend Zeit habe mich schnellstens vom Acker zu machen.

    LG
    Daniela

    1. Christine sagt:

      Hehe, auch eine gute Methode :)

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