Gesellschaft

Mit Kindern im Aufzug und andere Katastrophen


Weißt du noch, wann du das letzte Mal auf einer Rolltreppe gestanden hast? Ja? Dann hast du entweder ein gutes Gedächtnis, (noch) keine Kinder oder die Kleinen sind inzwischen schon groß genug, selbstständig auf Besagter mitzufahren, auf ihr herumzuspringen oder während des Rollvorgangs die Stufen auf- und abzulaufen, sehr zum Leidwesen aller Mitreisenden. Um auf meine Ausgangsfrage zurückzukommen: Nein ich weiß es nicht. Muss irgendwann vor zwei Jahren gewesen sein, als ich froh war, mit dickem Kugelbauch und schweren Beinen nicht die Stufen im verdreckten Treppenhaus eines großen Kaufhauses aufgrund einer defekten Rolltreppe benutzen zu müssen.

Seit die Kinder auf der Welt sind, kaufe ich tatsächlich hauptsächlich online meine Kleidung. Zalando, OTTO & Co. freut’s! Mich eher weniger, denn wenn das schöne rosa Kleidchen in Natura plötzlich lachsfarben schimmert und Größe 38 überall zwickt und kneift, dann sind meine Wutausbrüche mindestens genauso groß wie der Aufwand, alles wieder in die durchsichtigen Tütchen zurückzuquetschen, den Rücksendegrund auf den Aufkleber zu schreiben und alles wieder per Post zurückzuschicken. Und wenn der Wutanfall allzu groß ist, weiß auch mein Mann, dass es mal wieder Zeit ist, den nächsten Samstag bei Kaufhof, Karstadt und Co. in der naheliegenden Großstadt zu verbringen.

Nein, ich gehöre nicht zu den Frauen, die gerne stundenlang und an jedem Wochenende shoppen gehen. Diese Zeiten liegen zum Glück schon gefühlte Jahrzehnte zurück. Aber so einmal pro Saison möchte auch ich mal wieder Einkaufscenter-Luft schnuppern. Wenigstens ein Stündchen, maximal Zwei. So der Plan. Der ist auch früher meistens aufgegangen. Heute –du ahnst es- ist dieser Zeitplan sehr optimistisch berechnet. Aber wenn du denkst, dass es an mir liegt, dass dieser Zeitplan nicht eingehalten wird, bist du auf dem Holzweg. Entscheidungsfreude war schon immer ein Steckenpferd von mir. Hose passt? Mein Hintern sieht gut darin aus? Wunderbar, nehme ich mit. An meinen Kindern liegt es auch nicht. Meistens nehmen wir eh nur Mini mit und der erfreut sich bislang noch daran, von Papi an großen Tischen mit bunter Kleidung vorbeigefahren zu werden, Hauptsache sein Schnuller ist mit von der Partie. Und dass mein Mann nicht der Grund ist, dass der Einkauf länger dauert als geplant, darüber brauchen wir wohl gar nicht erst zu reden.

Nein, das Phänomen der Zeitverschiebung nennt sich Aufzug. Mit Kinderwagen kannst du schließlich keine Rolltreppe benutzen (außer das eine Mal, als bei Saturn der Fahrstuhl kaputt war und wir umständlich unseren Buggy in die erste Etage hieven und danach vollgeschwitzt einen Laptop aussuchen mussten). Die größte Hürde ist dabei meistens die Lage. Jedes größere Kaufhaus besitzt mindestens einen Aufzug. Aber den musst du erst einmal finden. Und dann aufpassen, dass er auch dahin fährt, wo du ankommen willst. Ich habe immer das Glück, einen von den Biestern zu erwischen, der leider nicht bis ins 2. OG fährt. Oder aufs Parkdeck bringt dich nur der Zweite, am anderen Ende der Etage.

Du kannst ihn eigentlich kaum verfehlen, denn davor tummeln sich schon diverse Kinderwagen, Senioren, Rollstuhlfahrer, Menschen mit Hunden und die Großfamilie, die „heute mal aus Jux und Dollerei den Aufzug benutzen will“. Dann kann es schon mal eng werden um die begehrten Plätze. Mehr als 8 Personen oder 630kg sind ja meistens eh nicht erlaubt. Und dann noch mit Buggy, Puppenwagen und Dreirad? Das ist zuviel für meine Nerven und der Einkauf hat noch nicht einmal angefangen. Einmal drin im Fahrstuhl wird’s dann umso kuscheliger, ob du es willst oder nicht. Da wird gequetscht und gedrückt was das Zeug hält. Privatsphäre? Fehlanzeige.

Die Zwillingsjungs der überforderten Mutti neben dir drücken spaßeshalber alle Knöpfe vom Erdgeschoss bis zur 5. Etage, nur damit du dich bei jedem Türöffnen beherrschen darfst, die nervigen Blagen nicht einfach auf einer x-beliebigen Station rauszuschubsen. Gespräche, die du nicht mitbekommen willst („Schatzimausi, du hast da Spinat zwischen den Zähnen, guck mal hier in den Spiegel!“ (und etwas genervter) „Jetzt guck doch mal!“) oder Gerüche, die du nicht wahrnehmen willst, weil deine Mitfahrerin eindeutig zu viele Parfümproben auf einmal im Erdgeschoss ausprobiert hat und du jetzt ein Best-Of davon in Form einer einlullenden Wolke empfängst– all das kann dir locker an einem einzigen Tag passieren.

Und das war erst die eine Fahrt. Die Rückfahrt bis zum geparkten Auto musst du auch noch mit einkalkulieren. Eine weitere Option für deinen Einkauf mit Baby heißt natürlich Tragetuch. Damit kannst du die Fahrstuhlfahrt bequem umgehen und ganz relaxt die Rolltreppe nehmen. Aber mal ehrlich, du willst die 30 Kleidungsstücke vor dem Kauf ja auch noch im Laden anprobieren oder?

Also doch nur Online-Shopping? Zum Glück hat das Mutter-Sein ja den entscheidenden Vorteil, dass man auch am Wochenende nicht ausschlafen kann wie alle anderen Einkäuferinnen, die sich frühestens um 11h auf den Weg machen. Du kannst also schon vor Ladenöffnung durch die Passagen streifen, vielleicht einen Coffee-to-Go trinken und die Ruhe vor dem Sturm genießen, wenn dir die Ladenbesitzerin höchstpersönlich und noch frisch und gutgelaunt die Tür aufschließt. Die Aufzüge sind dann übrigens auch noch leer und unparfümiert.

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